Der BGH hat mit Urteil v. 5.10.2005 – VIII ZR 382/04 entschieden, dass eine klare und verständliche Information des Verbrauchers über zusätzlich zum Warenpreis anfallende Liefer- und Versandkosten im Online-Warenhandel erfolgen kann, ohne dass die Versandkosten noch einmal in einer – auf der für die Bestellung eingerichteten Internetseite unmittelbar vor Abschluss des Bestellvorgangs erscheinenden – “Bestell-Übersicht” neben dem Warenpreis der Höhe nach ausgewiesen werden müssen.

In dem Verfahren ging es um eine Unterlassungsklage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen gegen den Neckermann Versand. Dieser hatte in den AGB seines Online-Shops folgende Klausel verwendet:

“Vertragsabschluss / Versandkosten / Mindestbestellwert / Transportschäden
„.. Ihre Versandkostenbeteiligung beträgt als Einzelbesteller 5,- EUR pro Bestellung. Sammelbesteller zahlen bei einem Einkaufswert ab 180,- EUR keine Versandkosten. Bis 180,- EUR werden 3,50 EUR pro Bestellung berechnet. Enthält die Bestellung schwere oder sperrige Artikel wird ein Aufschlag von 5,- EUR zzgl. der üblichen Versandkostenbeteiligung erhoben. …“

Diese Versandkosten wurden jedoch weder auf der Bestellseite genannt noch in den Rechnungsbetrag eingerechnet, sondern bei Aufruf der Seite “Bestellung starten” erschien lediglich der Hinweis “Es gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen”, der einen Link auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthielt. Darunter befand sich die Schaltfläche (Button) “Bestellung starten”, durch deren Anklicken die Bestellung durchgeführt werden konnte. Unterhalb der Schaltfläche hieß es:

“Hier finden Sie wichtige Verbraucherinformationen:

  •  Versandkosten
  •  …
  • AGB (inkl. Vertragsschlusszeitpunkt)”,

wobei die Begriffe jeweils einen Link auf die entsprechenden Informationen bildeten.
Der vzbv war der Auffassung, die Versandkosten müssten explizit noch einmal auf der Bestellseite vor Absendung der Bestellung genannt werden und beantragte, den Neckermann Versand zur Unterlassung der Versandkostenklausel in den AGB zu verurteilen, wenn nicht diese Kosten zusätzlich neben dem Warenpreis auftauchen. Das OLG Nürnberg wies diese Klage mit der Begründung ab, es sei nicht erforderlich, dass die anfallenden Versandkosten ausdrücklich auf der Bestellseite ausgewiesen werden. Vielmehr sei ausreichend, dass die Versandkosten auf einen Link auf die AGB auf der Start- und Bestellseite ohne weiteres abgerufen werden können. Auch die Revision beim BGH blieb nun ohne Erfolg.

Der BGH beschäftigt sich zunächst mit den Vorschriften § 312c Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 7 und 8 BGB-InfoV. Demnach muss der Unternehmer dem Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und verständlich und unter Angabe des geschäftlichen Zwecks folgende Informationen zur Verfügung stellen: „den Gesamtpreis der Ware oder Dienstleistung einschließlich aller damit verbundenen Preisbestandteile …“ und „gegebenenfalls zusätzlich anfallende Liefer- und Versandkosten…“ Hierzu führt der BGH aus, dass sich weder aus Art. 4 Abs. 2 der europäischen Fernabsatzrichtlinie 97/7/EG noch aus der diese Vorschriften in deutsches Recht umsetzenden Bestimmung des § 2 Abs. 2 FernAbsG oder der Nachfolgeregelung des § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB ergebe, welche Anforderungen an die Klarheit und Verständlichkeit der geforderten Informationen zu stellen sind. Auch die Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 2 FernAbsG verhalte sich hierzu nicht eindeutig.

Dies könne im vorliegenden Fall jedoch offen bleiben, weil ein Händler „in keinem Fall“ verpflichtet sei, die Versand- und Servicekosten neben dem Warenpreis der Höhe nach auf der Bestellseite auszuweisen. Bei den Versandkosten handele es sich nicht um Bestandteile des Gesamtpreises nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 BGB-InfoV, was sich schon daraus ergebe, dass diese Kosten als mögliche zusätzliche Kosten in § 1 Abs. 1 Nr. 8 BGB-InfoV behandelt werden. Die Trennung von Warenpreis und Versandkosten beruhe darauf, dass beim Vertrieb im Wege des Versandhandels regelmäßig Preisaufschläge für Versandkosten anfallen, die zumeist eine variable, mit wachsendem Umfang der Bestellung – bezogen auf das einzelne Stück – abnehmende Belastung darstellen, und dass dies dem Letztverbraucher auch allgemein bekannt sei. Dem Verkehr sei geläufig, dass die Versandkosten als Drittkosten neben dem Warenpreis gesondert und nicht auf die Ware, sondern auf die Sendung erhoben werden. Die Versandkosten seien danach nicht schon deshalb in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Warenpreis auszuweisen, weil sie als Teil des Gesamt- oder Endpreises anzusehen wären. Der BGH nimmt hierbei auf seine frühere Rechtsprechung aus dem Jahr 1996 Bezug (sog. Münzurteil).

Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 8 BGB-InfoV sei nicht erforderlich, dass die Versandkostenklausel noch einmal auf der Bestellseite genannt würde, sondern es genüge eine separate Seite. Der BGH führt hierzu aus: „Im Hinblick darauf, dass der durchschnittliche Käufer im Versandhandel mit zusätzlich anfallenden Liefer- und Versandkosten rechnet, ist dem Gebot der Klarheit und Verständlichkeit Genüge getan, wenn die diesbezügliche Information auf einer gesonderten Seite niedergelegt ist.“ Offen gelassen wird die Frage, ob diese Seite zwangsläufig passiert werden muss oder ob ein „hinreichend aussagekräftiger Link“ genügt. Jedenfalls nicht notwendig sei es, die Kosten jenseits einer solchen Seite direkt neben dem Endpreis aufzuführen bzw. einzurechnen. Daher sei eine Unterlassung der Versandkostenklausel nicht geboten.

Wenngleich das Urteil aus Händlersicht zu begrüßen ist, kann keinesfalls Entwarnung bzgl. der jüngsten Abmahnwellen zu Versandkostenangaben neben den Warenpreisen gegeben werden. Denn im vorliegenden Fall ging es um ein Klauselkotrollverfahren nach dem Unterlassungsklagengesetz, in dem über die Auslegung der BGB-InfoV entschieden wurde. In dem noch laufenden Revisionsverfahren über das Urteil des OLG Hamburg geht es um die Auslegung einer ganz anderen Vorschrift, die ebenfalls einschlägig ist. Hier hatten sich zwei Konkurrenten über die Auslegung des § 1 Abs. 2 der PreisangV gestritten, in dem es heißt:

„(2) Wer Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen zum Abschluss eines Fernabsatzvertrages anbietet, hat zusätzlich zu Absatz 1 und § 2 Abs. 2 anzugeben,

  1. dass die für Waren oder Leistungen geforderten Preise die Umsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile enthalten und
  2. ob zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen.

Fallen zusätzlich Liefer- und Versandkosten an, so ist deren Höhe anzugeben. Soweit die vorherige Angabe dieser Kosten in bestimmten Fällen nicht möglich ist, sind die näheren Einzelheiten der Berechnung anzugeben, aufgrund derer der Letztverbraucher die Höhe leicht errechnen kann.“

Die Auslegung dieser Vorschrift war nicht Gegenstand des Verfahrens und kann völlig anders ausfallen. Hierüber wird nicht der 8. Senat wie vorliegend, sondern der 1. Senat des BGH im Laufe des Jahres 2006 entscheiden (wir halten Sie auf dem Laufenden). Zudem hat der BGH im aktuellen Urteil entscheidende Fragen offen gelassen, z.B. ob die Versandkostenseite verlinkt werden kann oder vom Verbraucher zwangsläufig passiert werden muss.

Gleichwohl kann man vorsichtig optimistisch sein. Der BGH knüpft an das bekannte Münzurteil aus 1996 an und stellt klar, dass Versandkosten kein Preisbestandteil sind. Diese Annahme legt aber das OLG Hamburg bei seiner Entscheidung über die Hinweise zu Versandkosten neben jedem Preis schon in der Werbung zugrunde. Dies führt zu der absurden Situation, dass laut OLG Hamburg und nach dessen Auslegung der PreisangV mindestens ein „sprechender Link“ auf eine Versandkostentabelle neben jedem Preis schon auf Produktübersichtsseiten angebracht sein muss, diese Kosten laut dem aktuellen BGH-Urteil jedoch nicht noch einmal gesondert auf der Bestellseite (!) aufgeführt werden müssen. Diese Situation ist für einen juristischen Laien geradezu unerträglich verwirrend.

Es bleibt zu hoffen, dass zumindest nicht spezialisierte Anwälte, die als „Trittbrettfahrer“ im Zuge der MediaMarkt-Abmahnungen auftreten, diese komplizierte Lage nicht durchschauen und sich von dem BGH-Urteil abhalten lassen, Abmahnungen wegen fehlender Angaben zu Versandkosten neben jedem Warenpreis zu versenden. Wer auf Nummer Sicher gehen will, sollte aber weiter verfahren wie bisher und Links auf Versandkosten neben den Preisen erst dann entfernen, falls der 1. Zivilsenat des BGH in dem Revisionsverfahren gegen das Urteil des OLG Hamburg im nächsten Jahr im Sinne der Händler entscheiden sollte.

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