Das LG Stuttgart hat mit Urteil v. 30.9.2005 (38 O 79/05 KfH) zu der Gestaltung der Widerrufsbelehrung im Falle des Verkaufs von Handys ohne Mobilfunkverträge und zu weiteren Fragen des Widerrufsrechtes Stellung genommen. Schließt ein Anbieter von Mobiltelefonen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Kauf von Handys ohne Kartenvertrag den Widerruf für den Fall der Ausführung der Dienstleistung vor Ende der Widerrufsfrist aus, so benachteilige er, so das Gericht, seine Kunden unangemessen, weil es sich bei dem Grundgeschäft um einen reinen Kaufvertrag handelt. Das Urteil zeigt exemplarisch Probleme auf, die entstehen, wenn von dem amtlichen Belehrungsmuster abgewichen wird.

Der beklagte Online-Händler vertreibt Handys mit und ohne Kartenverträge. Im Rahmen u. a. des Handy-Angebots für ein Handy ohne Vertrag und im Rahmen eines Handy-Angebots für ein Handy mit Vertrag wurde auf der Bestellseite folgende Widerrufsbelehrung gezeigt:

“WIDERRUFSBELEHRUNG
Sie sind berechtigt, die Verträge ohne Angabe von Gründen innerhalb von zwei Wochen nach Vertragsschluss gegenüber der d. AG (Anschrift: d. AG, d. direct, M.straße 16, St.) in Textform oder durch Rücksendung der Ware zu widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Die Kosten des Widerrufs sind bei einem Bestellwert von bis zu 40,- Euro von Ihnen zu tragen….
Die Widerrufsfrist erlischt vorzeitig, wenn d. mit der Ausführung der Dienstleistungen mit Ihrer ausdrücklichen Zustimmung vor Ende der Widerrufsfrist begonnen hat oder Sie diese veranlasst haben (z. B. durch Download etc.).”

Das Gericht gab der klagebefugten Wettbewerbszentrale teilweise Recht. Die beanstandete Formulierung “Kosten des Widerrufs” sei in der Tat missverständlich (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) und entspreche nicht lediglich der gesetzlich geregelten Situation in § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB. Sie könne vom Leser vielmehr weitergehend als die bloßen Rücksendungskosten verstanden werden, z.B. als “die durch den Widerruf ausgelösten Kosten”, die für den Verbraucher auf den ersten Blick unklar und unübersichtlich erscheinen. Die Kosten des Widerrufs seien bereits nach dem Wortlaut nicht gleichbedeutend mit den Kosten der Rücksendung. Die Beklagte wurde daher zur Unterlassung dieser Klausel verurteilt.

Nicht zu beanstanden sei dagegen die verwendete Formulierung hinsichtlich des insoweit von der Klägerin gerügten Kopplungsangebots des Handys mit Telefonvertrag. Der Hinweis sei zwar nicht bereits unter dem Gesichtspunkt der Erfüllung der Voraussetzungen der BGB-InfoV korrekt. Denn die Gesamtgestaltung der Widerrufsrechtsbelehrung reiche für die von der Beklagten in Anspruch genommene Privilegierung nicht aus. Eine Einschränkung der Privilegierung sei bereits deshalb geboten, weil die Beklagte den Mustertext nur teilweise verwendet hat. Gemäß § 14 Abs. 1 der BGB-InfoV genügt die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs dann, wenn das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wird. Dass die Regelung auch gelten soll, wenn nur einzelne Teile des Musters benutzt werden, sei jedoch nicht ausdrücklich vorgesehen. Vielmehr sind nach Absatz 3 von § 14 BGB-InfoV Abweichungen und Zusätze nur in begrenztem Umfang möglich, wenn man die Wirkungen des Abs. 1 erhalten will. In Absatz 3 ist nämlich geregelt, dass ein Unternehmer der für die Belehrung das Muster der Anlage 2 oder 3 verwendet, in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Unternehmers anbringen kann. Ebenso ist in den Gestaltungshinweisen zu (5) und (7) der Entfall eines Klammerzusatzes ausdrücklich geregelt. Allein durch unveränderte Übernahme nur des Punktes 8 “Besondere Hinweise” könne sich die Beklagte nicht auf die Privilegierung nach § 14 Abs. 1 BGB InfoV berufen.

Es sei jedoch vorliegend zu unterscheiden bei Verwendung der Klausel hinsichtlich Handyverträgen mit und ohne Mobilfunkvertrag (Kombination). Da der bloße Handyvertrag ein Kaufvertrag einer Sache ist und kein auf eine Dienstleistung ausgerichteter Vertrag, dürfe bei ihm keine auf eine Dienstleistung bezogener besonderer Hinweis erfolgen. Bei einem Handyvertrag “ohne” Mobilfunkvertrag habe er nichts zu suchen, verwirre, sei intransparent und wettbewerbswidrig.

Das Urteil des LG Stuttgart trifft wichtige Aussagen zur Verwendung des amtlichen Belehrungsmusters und zu Abweichungen von diesem Muster. Der Gesetzgeber stellt für die Widerrufs- bzw. Rückgabebelehrung rechtssichere Muster zur Verfügung. In der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoVO finden Sie ein Muster des Bundesjustizministeriums für die Widerrufsbelehrung mit Gestaltungshinweisen (abgedruckt auf S. 38 f. des Trusted Shops Praxishandbuchs). Dieses Muster wird in der juristischen Literatur wegen einiger Fehler und wegen der schlechten Handhabbarkeit zwar kritisiert und ist sprachlich nicht besonders gelungen. Aber wenn Sie dieses Muster in Textform verwenden, genügt die Belehrung den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB und den diesen ergänzenden Vorschriften (§ 14 Abs. 1 BGB-InfoV) und auch der Informationspflicht des § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV (§ 1 Abs. 4 BGB-InfoV). Sie sollten daher dieses Muster verwenden, wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen. Wenn Sie kleinste Änderungen vornehmen, haben Sie keine Rechtssicherheit mehr (nur Layout-Änderungen sind möglich, § 14 Abs. 3 BGB-InfoV). Dies wird durch das LG Stuttgart ausdrücklich bestätigt.

Sobald Sie auch nur mit einem einzelnen Wort von dem Muster abweichen oder Teile weglassen, laufen Sie Gefahr, dass Ihre Belehrung unwirksam ist, so dass sich einerseits die Widerrufsfrist verlängern kann und andererseits die Formulierungen irreführend werden. In diesem Fall hat das Gericht z.B. die Formulierung “Die Kosten des Widerrufs sind bei einem Bestellwert bis zu 40,- Euro von Ihnen zu tragen” beanstandet, weil dies eine andere Formulierung ist als die “regelmäßigen Kosten der Rücksendung” im Muster. In der Tat könnte der Kunde den Eindruck haben, er müsse neben Rücksendekosten noch weitere Bearbeitungsgebühren tragen.

Zu weit reichend ist m.E. die Ansicht des Gerichtes, ein Mobilfunkhändler müsse mit zwei verschiedenen Widerrufsbelehrungen operieren, je nachdem, ob er Handys mit oder ohne Vertrag verkauft. Dies würde bei konsequenter Sichtweise dazu führen, dass jeder Händler von Mischsortimenten im schlimmsten Fall pro Artikel eine andere Belehrung verwenden muss, je nachdem, ob das Produkt vom Widerruf ausgeschlossen ist oder nicht. Hier reicht m.E. ein deutlicher Hinweis auf die betroffenen Warengruppen in einer Belehrung, die für alle Waren verwendet wird. Gleichwohl ist das Urteil nun in der Welt und wird Konkurrenten zu weiteren Abmahnungen provozieren. Diesem Risiko können Sie entgehen, indem Sie die gesetzliche Musterbelehrung ohne eine einzige Änderung, Weglassung oder Ergänzung übernehmen. Sehr wichtig ist, dass Sie immer die aktuelle Version verwenden, die wir Ihnen auf Wunsch gern zur Verfügung stellen.

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