Die unendliche Geschichte von der Muster-WiderrufsbelehrungIn die Diskussion um die Muster-Widerrufsbelehrung des Bundesjustizministeriums (BMJ) kommt neue Bewegung. Nachdem zahlreiche Verbände, Rechtsgelehrte und auch Trusted Shops den vorgelegten Entwurf der neuen Belehrungsmuster vor allem wegen seiner Länge und seiner fortbestehenden Angreifbarkeit kritisiert hatten, ist nun bekannt geworden, dass das BMJ die Neufassung des Musters im (unsicheren) Verordnungswege bereits im ersten Quartal 2008, jedoch lediglich als “Zwischenschritt auf dem Weg zu Mustern mit Gesetzesrang” plant. Dies geht aus einem Schreiben des BMJ hervor.

Lesen Sie hier, was sich wann ändert und warum ein Muster mit Gesetzesrang wesentliche Vorteile hat.

Die vom BMJ geplante Neufassung der Musterwiderrufsbelehrung soll nach Informationen des zuständigen Referenten im ersten Quartal 2008 in Kraft treten. Demnach hätte das Muster aber nach wie vor nur Verordnungsrang, d.h. wäre weiterhin von Gerichten angreifbar. Dies ist nicht unwahrscheinlich, wird doch der Entwurf schon jetzt einhellig kritisiert. Sobald ein Amtsgericht diese Kritik aufgreift, würde das bekannte Spiel, dass Händler wegen Verwendung des Musters abgemahnt werden, wieder von vorn losgehen. Zu der Forderung, dem Muster oder zumindest dessen Privilegierung Gesetzesrang einzuräumen, äußert sich das BMJ in einem Trusted Shops vorliegenden Schreiben wie folgt:

“Zu der Forderung nach einer gesetzlichen Regelung ist anzumerken, dass sich uneingeschränkte Rechtssicherheit tatsächlich nur durch ein formelles Gesetz zu den Musterbelehrungen erreichen lässt. Ein solches wird gegenwärtig im Bundesministerium der Justiz auch erarbeitet.

Die geplante Neufassung der Musterbelehrungen im Verordnungswege wird lediglich ein Zwischenschritt auf dem Weg zu Mustern mit Gesetzesrang sein.

Die Neufassung ist allerdings unverzichtbar, wenn wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen wegen Verwendung der Muster kurzfristig die Grundlage entzogen werden soll.”

Es ist zweifelhaft, ob dieses Ziel (Abmahnungen die Grundlage entziehen) erreicht wird, wenn der Musterverwender gezwungen sein soll, vier Seiten Paragrafen abzudrucken. Denn dies wird zumindest im Onlinehandel niemand tun und jeder, der mit verkürzten oder pauschalierten Hinweisen arbeitet, böte Abmahnern neue Angriffsflächen. Denn das BMJ präjudiziert mit der Aufnahme der Anhänge, dass jeder auf die unzähligen Voraussetzungen für den Fristbeginn hinweisen muss. Begründet wird diese “Belastung” mit dem Belehrungsmonster wie folgt:

“Damit verbundene Belastungen für die Unternehmer resultieren letztlich aus den wohl übersteigerten Anforderungen einzelner Instanzgerichte, die es in dem Entwurf zu berücksichtigen galt, und sind der Preis für die dringend erforderliche Rechtssicherheit. Vereinfachungen setzen eine Überführung des gesamten Regelungsgehaltes der BGB-InfoV in ein formelles Gesetz voraus. Dieser Ansatz wird parallel zu den Arbeiten an der Änderungsverordnung verfolgt. Ein Vorschlag für eine entsprechende gesetzliche Regelung soll Anfang des nächsten Jahres vorgestellt werden.” (Anm.: “Anfang nächsten Jahres” bedeutet hier Anfang 2008, da das Schreiben noch aus dem Dezember 2007 stammt)

Bislang haben die Instanzengerichte bzgl. des Fristbeginns aber lediglich kritisiert, dass ein Hinweis auf den Erhalt der Ware und der Belehrung in Textform Voraussetzung für den Fristlauf ist. Dass auch auf die Erfüllung der textformgebundenen Informationspflichten im Fernabsatz und die Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr als Fristbeginnvoraussetzung belehrt werden muss, hat bislang kein Gericht gefordert. Im Gegenteil: Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass der Hinweis gerade nicht so ausführlich sein muss.

Hier äußert das Ministerium aber eine andere Meinung:

“Zu der Kritik, die Belehrungen würden durch den bei bestimmten Verträgen vorgesehenen Abdruck einzelner Vorschriften in einem Anhang unangemessen lang und unverständlich, gilt Folgendes: Der nach dem Entwurf bei Fernabsatzverträgen, Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und Teilzeit-Wohnrechteverträgen vorgesehene Abdruck bestimmter Vorschriften in einem Anhang erscheint nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes erforderlich. Danach muss der Verbraucher auf der Grundlage der in seinem Besitz befindlichen Unterlagen den Beginn der Frist ohne weiteres erkennen können. Für die genannten Verträge sieht das Gesetz vor, dass die Widerrufsfrist nicht vor Erfüllung bestimmter (Informations-) Pflichten durch den Unternehmer beginnt.

Folglich ist eine vollständige Unterrichtung über den Inhalt dieser (Informations-) Pflichten Voraussetzung dafür, dass der Verbraucher beurteilen kann, ob der Unternehmer seine Pflichten erfüllt und damit den Lauf der Frist in Gang gesetzt hat.

Als Alternative zur Wiedergabe des Gesetzestextes kommt nur eine für den juristischen Laien verständliche Umschreibung in Betracht, die weit mehr Raum in Anspruch nehmen dürfte als der Gesetzeswortlaut. Dagegen spricht auch, dass die Muster den Verbraucher zwar umfassend über seine Rechte informieren, nicht aber eine im Einzelfall notwendige rechtliche Beratung entbehrlich machen sollen.”

Wer meint, der Verbraucher könne durch Abdruck gesetzlicher Vorschriften die Widerrufsfrist berechnen, dem sei nur die Lektüre des § 1 Abs. 4 BGB-InfoV einmal exemplarisch empfohlen. Die Verwirrung wird danach garantiert größer sein als zuvor. Daher muss auch ein abgekürzter Hinweis möglich sein, wie er bislang in dem “frühestens” zum Ausdruck kam.

Es bleibt abzuwarten, wie es weitergeht. Immerhin tut sich etwas. Das BMJ sollte aber in Betracht ziehen, wenn eine Belehrung mit Gesetzesrang kurzfristig nicht umzusetzen ist, den Zwischenschritt eines untauglichen, weil zu langen und weiterhin angreifbaren Musters auszulassen. Anderenfalls wird sich die Abmahnproblematik eher noch verschärfen. (cf)

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