Erfolg gegen AbmahnungenDas Kammergericht Berlin entschied mit Beschluss v. 11.4.2008 (5 W 41/08), dass bei eBay-Verkäufen der ungenaue Passus zum Wertersatz des alten Widerrufsmusters nicht abgemahnt werden könne. Nur einen Bagatellverstoß soll auch begehen, wer bei einer Gmbh & Co. KG den Vornamen des Geschäftsführers im Impressum abgekürzt. In ähnlichen Fällen hatte das Gericht zuvor anders entschieden.

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In dem entschiedenen Fall stritten zwei konkurrierende Onlinehändler über lückenhafte Angaben im Impressum in einer bei eBay verwendeten Widerrufsbelehrung.

Der abgemahnte Händler, eine GmbH & Co. KG, kürzte den Vornamen des Geschäftsführers der Komplementärin ab. Das verstoße zwar gegen die Impressumspflichten des § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 240 EGBGB, § 1 Abs. 1 Nr. 3 BGB-InfoV, wonach bei juristischen Personen, Personenvereinigungen oder -gruppen auch der Name eines Vertretungsberechtigten inkl. Vornamen anzugeben ist. Allerdings werde der Wettbewerb hierdurch nicht wesentlich beeinträchtigt, so dass die Abmahnung unberechtigt war:

Es sei, so das Gericht, zu berücksichtigen,

“dass im Streitfall … keine natürliche Person als Unternehmer handelt, die ihren bürgerlichen Namen unvollständig angibt, sondern eine GmbH & Co. KG, die ihre eigene Firma völlig korrekt angegeben und lediglich den Vornamen eines Geschäftsführers (wohl ihrer Komplementärin) vorschriftswidrig abgekürzt hat.

Das aber lässt einen Verbraucher nicht über die Bezeichnung der Antragsgegnerin (als potenziellem Vertragspartner) im Unklaren. Auch ist ein Verbraucher hierdurch im Normalfall nicht gehindert, die Antragsgegnerin unter Angabe der – korrekt angegebenen – Firma, “vertreten durch den Geschäftsführer H. E… “, zu verklagen…”

Anders entschieden hatte das KG einen Fall, in dem ein Einzelkaufmann seinen Vornamen nicht angegeben hatte. Es ist zu begrüßen, dass das Kammergericht hier zwischen den verschiedenen Fällen differenziert und den Umstand berücksichtigt, dass bei eventuellen Klagen des Verbrauchers gegen eine GmbH & Co. KG regelmäßig die Angabe in der Klageschrift “vertreten durch die Geschäftsführer” genügt.

Weiterhin ging es um die Frage, ob ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn bei Verkäufen über eBay der Passus aus dem alten Muster zum Wertersatz nach § 357 Abs. 3 BGB verwendet wird. Dieser Wertersatzanspruch besteht nur, wenn rechtzeitig bei Vertragsschluss in Textform darüber belehrt wurde, was bei eBay nach überwiegender Meinung nicht möglich ist. Der abgemahnte Händler verwendete folgenden Text:

“Kann der Verbraucher die empfangenen Leistungen ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, muss der Verbraucher insoweit gegebenenfalls Wertersatz leisten. Bei der Überlassung von Sachen gilt dies nicht, wenn die Verschlechterung der Sache ausschließlich auf deren Prüfung – wie sie etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre – zurückzuführen ist. Im Übrigen kann der Verbraucher die Wertersatzpflicht vermeiden, indem er die Sache nicht wie ein Eigentümer in Gebrauch nimmt und alles unterlässt, was deren Wert beeinträchtigt.”

Das KG sieht zunächst eine Unvollständigkeit in der Belehrung:

“Die beanstandete Belehrung der Antragsgegnerin informiert den Verbraucher über die Rechtsfolgen des Widerrufs … unvollständig, soweit es um Sachverhalte geht, in denen der Verbraucher die erhaltene Ware nicht nur geprüft, sondern bestimmungsgemäß in Gebrauch genommen hat.”

Die Belehrung sei jedoch nur unvollständig, aber nicht falsch, wie der Abmahner es behauptete:

“Der über die Wertersatzpflicht informierende Satz in der Belehrung der Antragsgegnerin enthält die Einschränkung, dass der Verbraucher für eine Verschlechterung gegebenenfalls Wertersatz zu leisten habe. … Die Einschränkung “gegebenenfalls” steht gerade einem dahin gehenden Verständnis der Belehrung entgegen, dass der Verbraucher bei einer Verschlechterung der Ware durch bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme (stets) Wertersatz zu leisten habe.”

Diese Begründung ist nicht besonders überzeugend, da das “gegebenenfalls” so zu verstehen ist, das je nach Benutzungsintensität und nicht je nach Belehrungszeitpunkt Wertersatz zu leisten ist. Das Gericht nimmt jedoch im Ergebnis zutreffend einen Bagatellverstoß an, weil davon auszugehen sei, dass sich aufgrund dieser Unklarheit nur in Ausnahmefällen ein Verbraucher davon abhalten lässt, nach Belieben mit der gekauften Sache zu verfahren und gegebenenfalls von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen.

In einem anderen Fall hatte das KG allerdings entschieden, dass das Weglassen jeglicher Aufklärung über die Wertersatzpflicht sehr wohl wettbewerbswidrig ist (KG Berlin, Beschluss v. 9.11.2007, 5 W 276/07).

Geradezu eine kleine Sensation ist nun die weitere Begründung des Senats, die das Muster des Bundesjustizministeriums stärkt. Der Händler könne in diesem Fall nicht erfolgreich abgemahnt werden, weil das Bundesjustizministerium durch die Überleitungsvorschrift des § 16 BGB-InfoV festgelegt habe, dass das alte Widerrufsmuster noch bis Ende September verwendet werden kann:

“Wenn der Verordnungsgeber danach in Kenntnis der künftig durch den Gestaltungshinweis Nr. 7 behobenen Informationslücke in der derzeit noch gültigen Fassung der Musterwiderrufsbelehrung für einen Übergangszeitraum, d.h. bis zum 1. Oktober 2008, die Weiterverwendung des alten, lückenhaften Musters zur Belehrung der Verbraucher zulässt, ist daraus der Schluss zu ziehen, dass der Verordnungsgeber insoweit die Informationsinteressen der Verbraucher während dieses Übergangszeitraums gegenüber dem Schutz des Vertrauens der Verwender der bislang gültigen Musterwiderrufsbelehrung darauf, mit der Verwendung des Musters den gesetzlichen Anforderungen genügt zu haben, zurückstellt.

Daher ist unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten hier die beanstandete Lücke in der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung, welche dem bislang gültigen Muster der Widerrufsbelehrung weitgehend entspricht, nach allem jedenfalls bis zum Ablauf besagten Übergangszeitraums am 1. Oktober 2008 als Bagatellverstoß zu werten.

Einen Bagatellverstoß begehe also derjenige, der auf den ungenauen Passus des alten Musters vertraut und diesen bis Ende September noch verwendet. Händler sollten sich auf diese Gerichtsentscheidung jedoch nicht verlassen, sondern das aktuelle Muster des Ministeriums verwenden, das am 1.4.2008 in Kraft trat. Dieses berücksichtigt die Besonderheiten bei eBay und klärt die Kunden besser auf.

Immerhin ist die Meinung des Bundesjustizministeriums den Gerichten – sogar dem sonst eher als abmahnfreundlich bekannten KG – nun neuerdings wohl doch etwas wert, zumindest mit Blick auf das Wettbewerbsrecht. Vieleicht setzt sich ja die schon einmal vom OLG Hamburg vertretene Auffassung durch, dass selbst bei potenziellen Ungenauigkeiten des neuen Belehrungsmusters der Verwender allenfalls einen Bagatellverstoß begeht.

Denn nach wie vor gilt: Der Onlinehändler kann nicht klüger sein als der Gesetzgeber. Die neue Entscheidung des Kammergerichtes bestätigt erfreulicherweise diesen Trend. (cf)

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