Nachdem der BGH bereits im Jahr 2003 klar gestellt hatte, dass vom Kunden konfigurierte PCs nicht ohne Weiteres vom Widerrufsrecht ausgeschlossen werden dürfen, halten sich immer mehr Gerichte an diese Vorgaben. Nach dem AG Schönebeck, hat auch das AG Hoyerswerda mit Urteil v. 22.11.2007, 1 C 356/07 bestätigt, dass in einem solchen Fall auch eine entsiegelte, zum Betrieb des PC erforderliche Software einem Widerruf nicht entgegenstehe.Im Fall des AG Hoyerswerda ging es um Folgendes:
„Der Kläger bestellte bei der Beklagten … einen Computer, wobei er das Angebot der Beklagten annahm, an zwei Komponenten Änderungen/Ergänzungen vorzunehmen. So wünschte der Kläger den Einbau eines Kartenlesegerätes und eines bestimmten Prozessors. Darüber hinaus bestellte der Kläger bei der Beklagten auch Software. Die Parteien vereinbarten, dass die Beklagte den Rechner mit den gewünschten Komponenten zusammenbaut und die Software installiert.“
Zusammenstellung aus Standardkomponenten
Ähnlich wie das AG Schönebeck hat hier auch das AG Hoyerswerda deutlich gemacht, dass es sich bei der vom Kläger bestellten Ware nicht um speziell für den Kläger zugeschnittene Ware i.S. von § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB handelt.
„Die von dem Kläger zusätzlich oder abweichend von diesem Grundsystem gewünschte Ausführung hatte die Beklagte allerdings grundsätzlich in ihrem Angebot. Es handelt sich dabei auch nicht um Spezialanfertigungen, sondern um übliche Computerbauteile bzw. Standardkomponenten.“
Fehlender Hinweis zum Widerrufsausschluss
Ferner hat das Gericht entschieden, dass der Verbraucher in dieser Konstellation davon ausgehen durfte, dass ihm auch sein gesetzliches Widerrufsrecht verbleibt.
„Es hätte dem Beklagten freigestanden, eindeutig darauf hinzuweisen, dass die Kaufsache – wegen der Änderung der Komponenten und/oder deren Zusammenbau – derart weit von dem ursprünglichen Standardangebot abweicht, dass diese eine Spezialanfertigung darstellt, für die kein Widerrufsrecht besteht. Von dieser Möglichkeit hat der Beklagte jedoch keinen Gebrauch gemacht. Die ergänzende Belehrung des Klägers war hierfür nicht ausreichend.“
Auf Ausschlusstatbestände richtig hinweisen
In diesem Zusammenhang muss jedoch beachtet werden, dass, wenn der Unternehmer auf derartige Abweichung hinweist, eine solche in der Tat aber nicht vorliegt, eine Irrführung des Verbrauchers zu bejahen wäre (vgl. hierzu OLG München (Urteil v. 31.01.2008, 29 U 4448/07) zum unzulässigen Hinweis auf Ausschluss des Widerrufsrechts bei Auktionen im Rahmen einer eBay-Versteigerung)
Software muss vom Verbraucher entsiegelt werden
Auch in diesem Fall, wie im Fall des AG Schönebeck erwies sich die entsiegelte Software als kein Hindernis für den Widerruf. Hier hatte der Verbraucher die Software zusammen mit dem Computer erhalten und diese dann selbst installiert. Das Gericht hat insofern die Schutzfunktion des Ausnahmetatbestands von § 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB verdeutlicht und entschieden, dass der Händler deshalb nicht schutzbedürftig ist, weil hier die Software dazu dient, die ebenfalls erworbenen Hardwarekomponenten zur Funktion gelangen zu lassen.
Was, wenn der Händler die Software installiert?
Im Fall von AG Hoyerswerda hat hingegen der Händler die Software für den Kunden installiert. Genau darauf stellte das Gericht ab:
„Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten stellt diese keine unter § 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB fallende Entsiegelung dar, weil sie nicht durch den Kläger (als Verbraucher) erfolgte. Dabei ist die Beklagte auch nicht – quasi als dessen Gehilfe – an die Stelle des Klägers bei der Entsiegelung der Software getreten. Vielmehr war die Entsiegelung der Software notwendige Voraussetzung für die Umsetzung der vertraglichen Vereinbarung der Parteien, wonach die Beklagte dem Kläger den Rechner mit aufgespielter Software liefert. Dies ist jedoch kein Fall des § 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB. Dieser Ausschlusstatbestand greift entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nur ein, wenn die Software auf einem versiegelten Datenträger geliefert wurde und der Verbraucher sie entsiegelt hat …“
Fazit
Man kann nicht pauschal sagen, ob ein vom Kunden selbst zusammengestellter PC vom Widerrufsrecht ausgeschlossen ist oder nicht. Dies ist vielmehr eine Frage des Einzelfalls, die anhand des Grundsatzurteils des BGH zu beantworten ist. Fest steht aber: Will sich der Händler auf einen der Ausschlusstatbestände berufen, muss er vor Vertragsschluss auch über die einschlägigen Ausnahmen informieren. (mr)
[hubspotform whitepaper=”true” title=”Gratis Whitepaper-Download ‘Ausnahmen vom Widerrufsrecht'” image_path=”” image_text=”Die Ausnahmen vom Widerrufsrecht sind sehr abstrakt im Gesetz formuliert. Die Rechtsprechung hat sich aber bereits mit mehreren Fällen beschäftigt, die wir übersichtlich für Sie zusammengestellt haben, damit Sie sicher mit Retouren umgehen können.” copy_text=”” portal_id=”603347″ form_id=”154f09d0-9036-4000-96e1-5db59cfd91da” css=””]
Bildnachweis: Michal Kalasek/shutterstock.com
Guten Tag,
gibts zu dieser Sachlage etwas Neues? Was ist der offizielle Stand der Dinge. Bedeutet die Aussage
“Ausschluss- bzw. Erlöschensgründe
Das Widerrufsrecht besteht nicht bei Verträgen
– zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den
Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind”
dass wenn ich mir nen PC mit einem PC konfigurator online bestellt habe, also z.B. nen standard PC ausgewählt hab, aber zum Beispiel eine andere Festplatte gewählt habe, faktisch vom Widerrufsrecht ausgeschlossen?
Oder gelten die obigen Auslegungen und Begründungen der Gerichte auch in diesem Fall? Ist die Klausel der Widerrufsbelehrung rechtsbindend?
Is klar, dass der Händler keinen Bock hat, wenn Kunden abspringen und der halbe PC schon fertig gebaut wurde, aber ich will ja wissen ob das ein ausreichender Grund ist den Widerruf zu verneinen.
Hab mir nen PC bestellt, seit ner Woche nix gehört. Heute mail bekommen und die meinten die haben nen “Cyberangriff” erlitten, deswegen hätten sie keinen Zugriff auf Programma, Email etc.
Dann meinten sie ich soll in einer Woche noch mal eine Mail schicken. Die Mail die ich abgeschickt hatte entsprach dem Musterformular für Widerrufung der Widerrufsbelehrung die in der Email der Bestellung, angehängt war.
Dann schreiben sie in der mail:
“Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank, dass Sie uns kontaktieren.
Leiderweise können wir momentan nicht bei Ihren Anliegen helfen.
Der Grund ist ein Cyberangriff auf die Firma Systemtreff.
Wir gehen davon aus, dass wir in ca. einer Woche wieder komplett für Sie da sind.
Daher bitten wir Sie, sich in einer Woche per Email oder Telefon zu melden. Bis dahin, haben wir kein Zugriff auf Programme, Emails und Anrufe.
Wir werden dann versuchen Ihr Anliegen schnellstmöglichst und zu Ihrer Zufriedenheit bearbeiten.
Wir danken Ihnen vielmals für Ihr Verständnis. ”
Die sagen mir, dass ich mich melden muss bzw. meinem Geld hinterher laufen muss. Ich soll ja ne mail in einer Woche schicken, weil sie DANN (zitat) damit beginnen mein Anliegen zu bearbeiten.
Die nehmen mich in die Pflicht. Bin der Meinung deren interne IT probleme sind 100% nicht meine Verantwortung und ausserdem haben sie ja bereits meine Mail mit dem Widerspruch erhalten. Die haben ja auf diese mail geantwortet. Obwohl sie sagten sie hätten keinen Zugriff auf emails.
Kann doch nicht sein, dass die Bearbeitung davon abhängt ob ich ne Mail schicke oder nicht.
Danke