rote-karteWenn eine Limited am 30.05.2008 gegründet wurde und bis September 2008 schon 20 Abmahnungen ausgesprochen hat, dann kann man schnell auf die Idee kommen, dass ein Fall von Rechtsmissbrauch vorliegt. Das dachte sich auch einer der Abgemahnten.

Lesen Sie hier die Einschätzung des LG Würzburg.

Das LG Würzburg (Urteil vom 28.10.2008, Az. 14 O 1631/08) hatte darüber zu urteilen, ob eine erst seit kurzem eingetragene Limited rechtsmissbräuchlich handelt, wenn sie zahlreiche Wettbewerber abmahnt. Die Ltd. war erst seit dem 30.05.2008 eingetragen, hatte aber bereits eine Vielzahl von Abmahnungen versendet, ca. 20 davon räumte sie selbst ein. Lesen Sie hier aus den Gründen der Entscheidung:

“Der Anspruch scheitert zwar nicht bereits an einem fehlenden Wettbewerbsverhältnis i.S.d. §§ 1, 2 UWG, da jedenfalls zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 21.10.2008 ein Onlineshop bestand, in den über 200 Artikel eingestellt waren. Allerdings ergibt sich hier aus einer Gesamtschau der vorliegenden Indizien, dass der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch missbräuchlich geltend gemacht wurde.

Diese missbräuchliche Geltendmachung liegt insb. dann vor, wenn sachfremde Ziele – wie das Interesse, den Gegner durch möglichst hohe Prozesskosten zu belasten – als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (vgl. BGH v. 5.10.2000 – I ZR 237/98). Aus dem unstreitigen Sachverhalt ergibt sich, dass die Verfügungsklägerin allein im Zeitraum v. 21.7.2008 bis 29.8.2008 13 Abmahnungen vorgenommen hat mit einer Kostennote von jeweils 899,40 Euro, insgesamt also 11.692,20 Euro. Ferner ergibt sich aus dem vorgelegten Hauptverhandlungsprotokoll vor dem LG Marburg (Az. 2 O 252/08), dass bis zum Zeitpunkt der dortigen mündlichen Verhandlung am 9.9.2008 ca. 20 Abmahnungen von der Verfügungsklägerin erstellt worden sind.

Unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Verfügungsklägerin erst zum 30.5.2008 eingetragen worden ist, ergibt sich bereits aus der Zahl der Abmahnungen, dass ihre Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zu ihren behaupteten gewerblichen Tätigkeiten gestanden hat. […]

Letztlich hat die Verfügungsbeklagte ausreichend glaubhaft gemacht, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Abmahnung am 28.7.2008 lediglich in einem äußerst geringen Umfang am Markt teilgenommen hat. Jedenfalls ergibt sich aus der Gesamtschau, dass die Abmahntätigkeit aus der Sicht eines wirtschaftlich denkenden Gewerbetreibenden lediglich dem Gebühreninteresse des beauftragten Rechtsanwalts dienen kann. Demzufolge ist die Geltendmachung der Unterlassungsansprüche gemäß § 8 Abs. 4 UWG missbräuchlich und somit unzulässig.”

Weitere Hintergrundinformationen

RA Jörg Faustmann (MMR 2009, 200) erklärt darüber hinaus, das Gericht hätte die Klage auch am Wettbewerbsverhältnis scheitern lassen können, da es unstreitig war, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Abmahnung in ihrem Shop darauf hinwies, dass sämtliche eingestellten Artikel nur der beispielhaften Veranschaulichung der Shopfunktionen dienen.

„Im vorliegenden Fall bestand zudem die Besonderheit, dass der die Kl. vertretende Anwalt die Ltd. selbst gegründet hatte und verschiedene Unternehmen (Prozessfinanzierung und Versandabwicklung) in ihrem Umfeld unterstützte. Ursprünglich war sogar die Domain der Kl. auf den Anwalt gemeldet.“

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