Die Lightcycle Retourlogistik und Service GmbH fiel in der Vergangenheit durch zahlreiche Abmahnungen wegen Verstößen gegen das ElektoG auf. Jetzt wurde das Vorgehen dieses Unternehmens vom LG München I gestoppt. Die Anträge von Lightcycle wurden als prozessrechtlich unzulässig erachtet.

Lesen Sie mehr über das Urteil in einem Gastbeitrag von RA von Restorff.

Die Abmahnpraxis und das gerichtliche Vorgehen der Lightcycle Retourlogistik und Service GmbH wird sich nach einem Urteil des Landgerichts München I (U. v. 07.02.2011, 11 HK O 21331/10) vermutlich grundlegend ändern müssen.

Was ist Lightcycle?

Lightcycle ist ein Gemeinschaftsunternehmen führender Hersteller von Lampen und anderer Beleuchtungskörper, das im großen Umfang Mitbewerber dieser Hersteller sowie gewerbliche Wiederverkäufer von Beleuchtungskörpern wegen Verstöße gegen das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) abmahnt.

In dem genannten Verfahren vor dem LG München I hatte Lightcycle zunächst die Beklagte außergerichtlich wegen einer behaupteten Verletzung der Grenzwerte für Quecksilber gemäß § 5 ElektroG abgemahnt und danach einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt.

Erlaubt sind nach dieser Vorschrift lediglich 5mg Quecksilber pro Lampe, die Beklagte verkaufte – wenn auch nur vereinzelt – angeblich Lampen mit höheren Mengen an Quecksilber.

Dabei machte Lightcycle in prozessrechtlicher Hinsicht die Unterlassungsansprüche von acht ihrer Mitgliedsunternehmen im Wege der sog. Prozessstandschaft geltend.

Eine Prozessstandschaft bedeutet, dass man von Dritten ermächtigt wird, deren Ansprüche in einem gerichtlichen Verfahren einzuklagen. Lightcycle legte entsprechende Ermächtigungserklärungen ihrer Mitgliedsunternehmen dazu vor.

Neue Rechtsauffassung des Gerichts

Dies war in bisherigen Verfahren vor dem Landgericht München sowie auch in Berufungsverfahren vor dem OLG München nicht weiter problematisiert worden. In dem aktuellen Verfahren jedoch rügte die Beklagte die fehlende Prozessführungsbefugnis von Lightcycle erfolgreich.

Lightcycle behauptete nämlich in der außergerichtlichen Korrespondenz von sich selbst, ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen ihrer Mitglieder zu sein und damit eine Klagebefugnis gemäß § 8 Abs.3 Nr.2 UWG (also wie z.B. die Wettbewerbszentrale) zu haben

Fremder oder eigener Anspruch?

Diese Zielsetzung ist zudem in § 2 Abs.2 g des Gesellschaftsvertrags von Lightcycle ausdrücklich genannt. Verbände und Kammern im Sinne des §§ 8 Abs.3 Nr.2 und 4 UWG können aber nicht in Prozessstandschaft für ihre Mitglieder klagen, denn ihnen ist eine eigene Aktivlegitimation für Unterlassungsansprüche eingeräumt. Sie haben daher kein schutzwürdiges Interesse daneben fremde Ansprüche in eigenem Namen geltend zu machen.

Bei den Wirtschaftsverbänden würde sonst auch die Beschränkung der Anspruchsberechtigung auf die kollektive Wahrnehmung von Mitgliederinteressen unterlaufen werden (vgl. Köhler/Bornkamm, § 8 UWG, Rdnr.3.22). Unter Verweis auf die BGH-Entscheidung “Verbandsklage in Prozessstandschaft” (GRUR 1998, 417) hat daher das Landgericht München I die Prozessführungsbefugnis von Lightcycle verneint.

LG München örtlich nicht zuständig

Nachdem ein entsprechender gerichtlicher Hinweis in der mündlichen Verhandlung erging, stützte der Prozessbevollmächtigte von Lightcycle seinen Antrag auf einen eigenen Unterlassungsanspruch als rechtsfähiger Verband im Sinne von § 8 Abs.3 Nr.2 UWG. Dieser Antrag war jedoch schon mangels örtlicher Zuständigkeit des LG München I unzulässig, da § 14 Abs.2 S.2 UWG für Wettbewerbsverbände einen ausschließlichen Gerichtsstand am Beklagtensitz vorsieht. Hier gilt nicht der sog. fliegende Gerichtsstand.

Konsequenzen des Urteils?

Es bleibt abzuwarten, welche Konsequenzen Lightcycle aus diesem Urteil ziehen wird: Entweder müssen zukünftig Abmahnungen direkt im Namen ihrer Mitgliedsunternehmen im Sinne von § 8 Abs.3 Nr.1 UWG erfolgen oder Lightcycle wird Ansprüche künftig aus eigenem Recht gemäß § 8 Abs.3 Nr.2 UWG geltend machen.

In letzterem Fall sind jedoch zugunsten des Abgemahnten die gesetzlichen Einschränkungen von Verbänden und Kammern nach § 8 Abs.3 Nr.2-4 UWG zu berücksichtigen. Es stellt sich bspw. die Frage, ob Lightcycle über die dafür notwendige personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung verfügt. Üblicherweise ist bei Wettbewerbsverbänden in personeller Hinsicht ein juristisch geschulter Mitarbeiter für Rechtsangelegenheiten zuständig, der auch die Abmahnungen ausspricht, so dass die anwaltliche Inanspruchnahme bei dem Aussprechen von Abmahnungen eher der atypische Einzelfall ist.

Keine Erstattung von Anwaltskosten mehr?

Dementsprechend darf im Rahmen der Abmahnung auch nur die Erstattung einer Kostenpauschale und nicht die Anwaltskosten für die Abmahnung eingefordert werden. Für den Abgemahnten macht dies einen großen Unterschied, da die Abmahnpauschale üblicherweise ca. € 200,00 beträgt, während Lightcycle in der Vergangenheit meist die Erstattung von Anwaltskosten von ca. € 1.400,00 forderte.

Ort von zukünftigen Klagen

Falls Lightcycle zukünftig die Ansprüche als Zweckverband im Sinne von § 8 Abs.3 Nr.2 UWG einklagen sollte, hat dies zudem die prozessuale Konsequenz, dass die Klage jeweils am Beklagtensitz anhängig gemacht werden müsste (§ 14 Abs.2 UWG). Die Frage der örtlichen Zuständigkeit kann unter Umständen eine große Bedeutung auf den Ausgang des Rechtsstreits haben.

Gerade in Bezug auf Verstöße gegen das ElektroG gibt es unter den Gerichten derzeit divergierende Ansichten darüber, ob es sich um wettbewerbsrechtlich relevante Norm im Sinne von § 4 Nr.11 UWG handelt. Dies wurde von den deutschen Gerichten z.B. hinsichtlich der Registrierungspflicht aus § 6 Abs.2 ElektroG unterschiedlich entschieden. Das Landgericht München I bejaht dies in ständiger Rechtsprechung, während bspw. das OLG Düsseldorf die Wettbewerbsrelevanz verneint hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2008, Az. 20 U 207/07 ).

Dieser Streit wurde für § 5 ElektroG nach Kenntnis des Verfassers bisher noch nicht gerichtlich entschieden und wird auch in der juristischen Literatur kontrovers diskutiert. Interessant in diesem Zusammenhang ist die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage (BT-Drucksache 16/2904 vom 11.10.2006), wonach in Ziff.35 die Bundesregierung die Auffassung äußert, dass es sich bei § 5 ElektroG nicht um eine Vorschrift im Sinne von § 4 Nr.11 UWG handelt, wobei aber darauf hingewiesen wird, dass es der Entscheidung der Gerichte vorbehalten bleibt, ob eine solche auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion anzunehmen ist. Es gibt also durchaus gewichtige Stimmen gegen die Annahme einer Wettbewerbsrelevanz von § 5 ElektroG.

Über den Autor

RA Henning von Restorff

Rechtsanwalt Henning von Restorff, LLM. ist Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Informationstechnologierecht und Anwalt in der Kanzlei Ladenburger Neifeind Schmücker & Homann in Pforzheim.

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