Seit dem am 30.12.2008 das neue UWG in Kraft getreten ist, gibt es auch einen Anhang mit einer sog. “Schwarzen Liste”. Darin enthalten sind Tatbestände, die in jedem Fall als unlautere Geschäftspraktiken angesehen werden, und daher auch immer ein Abmahngrund sein können. Unter anderem ist in Nr. 10 des Anhangs die sog. Werbung mit gesetzlichen Selbstverständlichkeiten genannt.
Lesen Sie hier mehr über den schmalen Grad zwischen Werbung und Information.
Die Nr. 10 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG lautet:
“Unzulässig ist […]
die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, gesetzlich bestehende Rechte stellten eine Besonderheit des Angebots dar;”
Kurz nennt man diesen Tatbestand “Werbung mit gesetzlichen Selbstverständlichkeiten”.
Was ist eine gesetzliche Selbstverständlichkeit?
Mit dem Begriff der gesetzlichen Selbstverständlichkeit sind nach dem Gesetz bestehende Rechte gemeint. Darunter fällt z.B. das Widerrufsrecht, die Gewährleistungsrechte.
Werbung vs. Information
Über das Bestehen des Widerrufsrechtes muss der Verbraucher informiert werden. Unterlässt der Shopbetreiber diese Information, so handelt er wettbewerbswidrig. Der Grad zwischen Information und Werbung ist dabei sehr schmal.
Die Literatur geht davon aus, dass der Tatbestand der Werbung mit gesetzlichen Selbstverständlichkeiten dann erfüllt ist, wenn der Händler die dem Verbraucher zustehenden Rechte als eine Besonderheit seines Angebotes herausstreicht oder als solche präsentiert.
Beispiele
Bei der bloßen Information über bestehende Rechte kommt es teilweise auf jedes Wort an. Wird eine Belehrung über das Widerrufsrecht mit “Bei uns erhalten Sie 14 Tage Widerrufsrecht”, so ist dies bereits als Werbung mit Selbstverständlichkeiten anzusehen, da der Kunde dieses Recht eben nicht (vom Händler) erhält, sondern Kraft Gesetzes hat.
Service-Garantie
Ein weiteres Beispiel ist die Herausstellung des Widerrufsrechtes als Service oder als Service-Garantie. Unter dem Begriff “Service” versteht der Durchschnittsverbraucher eine freiwillige Leistung des Händlers.
Geld-zurück-Garantie
Auch die Bezeichnung als “Geld-zurück-Garantie” ist unter diesen Punkt zu fassen. Denn der Händler ist bereits Kraft Gesetzes dazu verpflichtet, den Kaufpreis zu erstatten, wenn der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausübt.
Anders liegt der Fall, wenn der Händler einen echten Mehrwert wie z.B. den Käuferschutz von Trusted Shops anbietet, der nicht gesetzlich vorgeschrieben ist wie das Widerrufsrecht, und als solches bewirbt.
Umtauschrecht
Wenn man in seinem Shop ein “Umtauschrecht” bewirbt, tatsächlich damit aber das Widerrufsrecht meint, ist dies ebenfalls irreführend. Unter dem sog. “Umtauschrecht” versteht der Verbraucher ein vom Händler eingeräumtes Recht, was sonst nicht jeder Händler bietet. Belehrt der Shop aber tatsächlich nur über das Widerrufsrecht, stellt eine entsprechende Bezeichnung eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten dar.
Blickfang-Werbung
Ein blinkender Button mit der Aufschrift “Kaufen mit Widerrufsrecht” ist ebenfalls als Werbung mit Selbstverständlichkeiten anzusehen und von daher dringend zu unterlassen. Unter die Blickfangwerbung kann auch bereits eine andere farbliche Gestaltung des Links, der auf die Widerrufsbelehrung führt, fallen. Sind z.B. alle Links in schwarzer Schrift gehalten, der auf die Widerrufsbelehrung aber in Rot, so dürfte bereits ein blinkfangmäßiges Herausstellen dieses gesetzlichen Rechtes erreicht sein.
Neutrale Information
Bezeichnet man den Link, welcher auf das Widerrufsrecht führt, jedoch ganz neutral und geschieht dies auch insgesamt in einem neutralen optischen Umfeld, stellt dies noch kein “Präsentieren” von gesetzlich zustehenden Rechten dar, sodass auch noch keine Werbung mit Selbstverständlichkeiten vorliegt.
Echtheitsgarantie
Das LG Bochum (Urteil v. 10.02.2009, Az: 12 O 12/09) entschied, dass es eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten darstelle, wenn der Händler mit einer Echtheitsgarantie für die von ihm angebotenen Markenartikel wirbt.
Der Händler verwendete folgenden Hinweis:
“Echtheitsgarantie: Die Echtheit aller von uns angebotenen Waren wird hiermit ausdrücklich garantiert! Sämtliche Waren in unserem Sortiment sind 100% Originalwaren.”
Das Gericht sah darin den Tatbestand erfüllt, da jeder Händler dazu verpflichtet ist, Original-Ware zu liefern, es sei denn, er weist auf etwas anderes hin.
Fazit
Bei der Information über gesetzliche bestehende Rechte sollte man auf Buttons, farbliche Herausstellung oder werbliche Bezeichnungen verzichten. Hier besteht sonst die große Gefahr, dass man die Grenze zwischen Information und Werbung sehr schnell überschreitet und abgemahnt werden kann. (mr)
Es zeigt sich, dass die Gesetzesanpassung leider nur einem etwas bringt: Dem Abmahnanwalt, denn es ist wohl kaum einem Kunden zu erklären, dass man ihm nur sehr behutsam sagen darf, welche Rechte er hat. Es ist immer wieder schön zu sehen, dass eCommerce in Deutschland nur noch ein Spießrutenlauf ist. Was bitte hat denn die Darstellung des Widerrufsrechts mit Werbung zu tun? Es soll ja gerade dem Kunden sagen: “Sie haben dieses Recht, auch wenn ich als Verkäufer damit einen Mehraufwand habe.” Dies ist mal wieder ein Beweis dafür, dass das Abmahnrecht komplett überdacht werden muss. Gerade gestern wurde ein Kunde von uns mit seinem Shop abgemahnt. Dass das ein Massenabmahner aus dem Taschen- und Rucksackbereich ist und diese eine so miserable Website haben, dass sie gewiss nie ein Produkt verkaufen, darf man natürlich nicht sagen. Juristen loben immer die Abmahn-Möglichkeit, um weiteren bzw. größeren Schaden abzuwenden. Aber mal im Ernst: Wenn es diese Praktik nicht geben würde, hätten die Gerichte auch nicht mehr zu tun. Es würden lediglich die “Mitbewerber” ausgebremst, die sich mittlerweile nur noch auf dieses Geschäftsmodell versteift haben.
Eine “Gesetzesanpassung” wurde nicht vorgenommen, davon steht auch nichts im Artikel. Gerade weil die Darstellung des Widerrufsrechtes nichts mit Werbung zu tun hat, darf der Hinweis auf das Widerrufsrecht nicht werblich (z.B. als grafisch auffälliger Button) etc. ausgestaltet sein. Genau darum geht es in dem Artikel. Dass die Abmahnpraxis vieler Anwälte fragwürdig ist, ist bekannt und nichts Neues. Einen Zusammenhang zwischen diesem Thema und dem Artikel oben kann ich allerdings nicht erkennen. Auch einen “Beweis dafür, dass das Abmahnrecht komplett überdacht werden muss”, kann ich daraus nicht ableiten. Vielmehr sollte die Information zum Anlass genommen werden, die bestehende “Werbung” zu überprüfen. Das war zumindest die Absicht unserer Information.
Mal eine Frage, was ist, wenn man nur leichte Verbesserungen anbietet, z.B. dass man auf die 40€-Regelung verzichtet. Ist das dann schon “ein Onlineshop mit Verbraucherschutz”?