Der Weg des Handels ist vorgezeichnet: Er wird digitalisiert. Und wo er heute schon digital ist, verschwinden die Grenzen zwischen e-Commerce, Mobile-Commerce, Social Commerce etc., bis sie vollständig aufgelöst sind. Ein zentraler Faktor dieser Entwicklung ist die fortschreitende Medienkonvergenz.

Shopbetreiber sollten diese Entwicklung früh genug berücksichtigen.

Auf den ersten Blick klingt es wie eine Branchen-Petitesse. Der IT-Verband Bitkom vermeldet einen europaweiten Boom bei internetfähigen TV-Geräten:

Die Zahl der in der EU verkauften so genannten Connected-TV-Geräte steigt in diesem Jahr um etwa 68 Prozent auf 19,1 Millionen. Damit ist in Europa deutlich mehr als jeder dritte (37 Prozent) verkaufte Flachbildfernseher internetfähig. Sie stehen damit für fast zwei Drittel (62 Prozent) des EU-Marktes für Flachbildfernseher. “Der Internetzugang entwickelt sich bei großformatigen Flachbild-Fernsehern zur Standard-Ausstattung”, sagt BITKOM-Experte Michael Schidlack.

Mit Abstand größter Einzelmarkt ist Deutschland. Hierzulande werden voraussichtlich 4,6 Millionen Fernseher mit Internetzugang verkauft, eine Steigerung um 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit ist in Deutschland fast jedes zweite verkaufte TV-Gerät (46 Prozent) internetfähig – deutlich mehr als der EU-Schnitt. Zweitgrößter Markt ist Großbritannien mit rund 2,9 Millionen verkauften Geräten.

Medienkonvergenz gestaltet den Handel neu

Der Boom bei TV-Geräten mit Internet ist mehr als nur eine technische Zusatzfunktion. Das Fernsehen erhält erstmalig einen Rückantwort-Kanal, durch den eine unmittelbare Kommunikation zwischen Zuschauer und Unternehmen möglich ist. Bedeutend ist diese Entwicklung, weil hier die beiden reichweitenstärksten Medien der westlichen Industriegesellschaft miteinander verschmelzen. Diese Konvergenzentwicklung der Medien – TV, Internet, Mobile, PC, Tabletts, Point-of-Sales usw. – ist es, die in Zukunft für eine neue Art des Einkaufens sorgen wird.

Dadurch eröffnen sich für den Handel veränderte Strategie und Geschäftsmodelle. Der Otto-Versand hatte bereits um die Jahrtausendwende auf dem Deutschen Versandhandelskongress in Wiesbaden eben genau diese Medienkonvergenz in einem Vortrag prognostiziert und analysiert, welche Herausforderungen der Handel der Zukunft mit sich bringen werde.

Auch heute sind sich Branchenanalysten einig, dass die Trennung der unterschiedlichen Kommunikations-Kanäle obsolet wird. Für den Händler bedeutet dies:

  • der Kunde kauft situativ: Er ist nicht an einen Ort (Endgerät) gebunden und kann 24 Stunden am Tag auf das Internet zugreifen.
  • ein Internet, aber viele Endgeräte: Schon heute werden über das Internet mehr als 60 Prozent aller Bestellung abgewickelt. Bestellkarte, Faxbestellschein und Hotline-Nummer werden in wenigen Jahren nahezu komplett verschwunden sein. Zunehmen wird die Anzahl der verfügbaren internetfähigen Endgeräte.
  • aus Multi-Channel wird Omni-Channel: Die Anstoßketten müssen auf allen Endgeräten gleich gut funktionieren, aber zugleich die individuelle Usability des Gerätes berücksichtigen. So sieht zum Beispiel Stephan Randler, Chefredakteur des Versandhausberaters, eine Renaissance des Versandhauskataloges. Allerdings nicht in gedruckter Form, sondern auf dem Tablett-PC. Das iPad sei für “Couche-Commerce” geradezu prädestiniert. Zum einen lasse es eine verkaufsstarke Produktinszenierung zu, binde den Nutzer aber nicht an einen stationären PC. Die größten Erfolgschancen werden die Händler haben, die erkennen, wann und auf welchem Endgerät der Anstoß erfolgen muss. Bedarfsermittlung und Bedarfsweckung rücken (noch) näher zusammen.

Von Kühlschränken und TV-Geräten

Es ist ganz interessant sich einmal ein paar Szenarien anzuschauen, in denen die Medienkonvergenz ganz besonders deutlich zum tragen kommt. So etwa der bestellfähige Fernseher: Durch das Internet können Produkte und Dienstleistungen aus der TV-Werbung sofort bestellt werden. Die Order erfolgt über ein geeignetes Eingabegerät, zum Beispiel eine Fernbedienung. Oder der Zuschauer verteilt einen Werbespot über das TV-Gerät direkt an seine Freunde in einem Social Network.

Für Hersteller und Händler von besonderem Interesse können In-Video-Ads sein. Der Zuschauer schaut einen Film oder ein Fußballspiel und entschließt sich (situativer Einkauf) das Outfit des Helden oder das Trikot eines Spielers kaufen zu wollen. Dazu markiert der Zuschauer das gewünschte Kleidungsstück und bekommt in einem Spiltt-Screen unterschiedliche Anbieter angezeigt, bei denen er das Produkt kaufen kann. Der Kauf erfolgt ebenfalls per Fernbedienung.

Auch in Küchen macht das Internet nicht halt. Kühlschränke fügen über einen Internetanschluss und reagieren automatisch auf Veränderungen bei den Vorratsmengen. Geht zum Beispiel die Milch zu neige, wird entweder automatisch eine Bestellung beim Online-Supermarkt ausgelöst oder der Nutzer bekommt eine Mitteilung auf sein Smartphone oder iPad. Schon heute laufen Experimente mit “intelligenten Verpackungen” auf der Basis von RFID.

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