Die Nutzung von Affiliate Marketingsystemen ist auch im Bereich des E-Commerce für viele Anbieter ein gangbarer Weg. Viele Onlineshops nutzen diese Möglichkeit, die eigenen Waren- und Dienstleistungen auf diese Art und Weise zu bewerben und insoweit einem breiten Publikum zu präsentieren. Dennoch sind immer wieder mit der Frage des Affiliate Marketing auch rechtliche Auseinandersetzungen verbunden.

Lesen Sie mehr zur Haftung im Affiliate-System.

Dies kann zum Beispiel die Frage von Markenrechtsverletzungen sein, wenn und soweit durch die Nutzung von Werbedarstellungen Markenrechte Dritter verletzt werden.

Aber auch immer dann, wenn zum Beispiel eigene Affiliate Marketingsysteme für Onlineshops genutzt werden und insoweit unzulässige Werbeaussagen durch die Nutzer des Affiliate  Marketingsystems verbreitet werden, kann eine persönliche Haftung des Onlineshops für veraltete Darstellungen auch über das Wettbewerbsrecht begründet werden.

Eine interessante Fragestellung hatte das LG Stuttgart in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 29. Mai 2013, Az.: 13 S 200/12) zu entscheiden.

In dem dort zu entscheidenden Fall hatte der Kläger ein Unternehmen auf Unterlassung wegen der Übersendung von Werbe-E-Mails ohne Aufforderung und Einwilligung (so genannte E-Mail-Spam) in Anspruch genommen.

Die Besonderheit war jedoch, dass die entsprechende Werbe-E-Mail nicht von dem beklagten Unternehmen selbst an den Kläger versandt worden war, sondern durch einen so genannten Publisher, der an einem Affiliate Marketingnetzwerk teilgenommen hat.

Mit diesem Netzwerk war das beklagte Unternehmen vertraglich verbunden und trat als sog. Advertiser auf.

Keine unmittelbare Verantwortlichkeit für E-Mail-Spam

Zutreffend verneint das Gericht daher die unmittelbare Verantwortlichkeit des Beklagten als werbendes Unternehmen für die Handlung des Werbenden, der die entsprechende Werbe-E-Mail verschickt hatte.

Somit verbleibt als Prüfungsbasis für das Gericht nur noch die Rechtsfigur des mittelbaren Störers.

Wann ein solcher „mittelbarer Störer“ vorliegt, beschreibt das Gericht wie folgt:

„Ein mittelbarer Störer ist derjenige, der eine Dritthandlung veranlasst oder sie ermöglicht und es unterlässt, die dadurch erkennbar eintretende unmittelbare Störung zu unterbinden.“

Gericht verneint Erfolgshaftung des Advertisers ohne Verschulden

Das Landgericht Stuttgart verneint in seiner Entscheidung, dass der Advertiser, für dessen Unternehmen in unzulässigen Werbeaussendungen geworben wird, verschuldensunabhängig im Wege der so genannten Erfolgshaftung haften soll.

Dies wäre allenfalls dann der Fall, wenn finanzielle Anreize für die Versendung der E-Mails bestanden oder aber die Einbindung des Advertisers durch vertragliche Verpflichtung in das System des AffiliateMarketinga vorhanden gewesen wäre. Dies war in dem zu entscheidenden Fall nicht gegeben.

Nachweis aktiver Veranlassung des Advertisers gelang nicht

Ebenfalls konnte der Kläger in dem Verfahren nicht beweisen, dass der Advertiser aktiv den Publisher dazu veranlasst hätte, entsprechend unzulässige Werbe-E-Mails zu versenden.

Wäre dies gelungen, so wäre die Verantwortlichkeit des Advertisers zweifelsfrei gewesen.

Keine Haftung als mittelbarer Störer, da keine Prüfpflicht für Werbeaussendungen

Der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshof folgend sieht das Landgericht Stuttgart ebenfalls keine Haftung als mittelbarer Störer, das der Publisher keine Prüfpflichten verletzt habe.

Die Verletzung von Prüfpflichten ist unter anderem eine Voraussetzung dafür, dass man als so genannter mittelbarer Störer Rechte Dritter verletzen kann.

Dazu führt das Gericht folgendes aus:

„Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, welcher sich die Kammer anschließt, kann als mittelbarer Störer nur in Anspruch genommen werden, wer in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines absoluten Rechts beiträgt und insbesondere seiner Prüfpflicht nicht nachkommt.

Dass die Beklagte positive Kenntnis von den Rechtsverstößen der l. hatte, behauptet der Kläger zwar ganz pauschal und offensichtlich ins Blaue hinein.

Er kann seinen unsubstantiierten Vortrag mit nichts belegen und auch für die Kammer gibt es keinerlei Anhaltspunkte für eine Überzeugungsbildung in dem Sinne, dass die Beklagte vor dem Abmahnschreiben des Klägers eine positive Kenntnis von Spam-Emails gehabt habe. Bei der Prüfpflicht besteht zwar grundsätzlich eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten, die ggf. darlegen muss, welche Prüfungen sie durchgeführt hat.

Derartiges ist naheliegend bei vertraglich vereinbarter Onlinewerbung auf Internetseiten. Der Werbekunde kann leicht diese Seiten öffnen und regelmäßig kontrollieren, ob die dort sichtbare Werbung seinem Auftrag und den gesetzlichen Vorgaben entspricht.

Bei einer nicht vereinbarten Werbung im Internet besteht diese Kontrollmöglichkeit schon nur noch sehr eingeschränkt, weil der Werbende nur mit Suchprogrammen die Möglichkeit hat, solche Werbung zu finden. Ohne jeden Anhaltspunkt wird von ihm jedoch kaum zu verlangen sein, dass er regelmäßig derartige Suchen durchführt.

Dem Gericht erschließt sich nicht, wie ein Werbender unerlaubte Emailwerbung kontrollieren könnte. Die Emails richten sich an Einzelpersonen und der Werbende erhält erst dann Kenntnis davon, wenn sich eine dieser Einzelpersonen an ihn wendet.

Eine vorsorgende Prüfung durch den Werbenden ist in diesem Fall ersichtlich nicht möglich, auch der Kläger konnte nicht erklären, wie sie hätte erfolgen können.

Insofern kann sich der Kläger auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte ihrem Publisher nicht die Verwendung des Double-Opt-in-Verfahrens vorgeschrieben hat. Die Beklagte wusste nach dem der Entscheidung zugrunde zulegenden Sachverhalt nichts von einer Emailwerbung, sie hatte diese auch generell untersagt und somit eine viel weitergehende Regelung getroffen.“

Weiter gedacht: Was wäre, wenn E-Mail-Werbung nicht ausdrücklich untersagt worden wäre?

Denkt man den Sachverhalt, der dem Urteil zugrunde liegt weiter, ob die Entscheidung durch das Gericht anderweitig ausgefallen wäre, wenn und soweit die E-Mail-Werbung nicht ausdrücklich untersagt worden wäre, sondern quasi stillschweigend im Rahmen des Affiliate Marketing geduldet worden wäre, so stellt sich die Frage, ob und inwieweit hier das Gericht eine anderweitige Entscheidung getroffen hätte.

Auch in diesem Fall hätte nachgewiesen werden müssen, dass der Advertiser in irgendeiner Form das Vorgehen aktiv unterstüztz oder trotz Kenntnis nicht verhindert hat.

Fazit

Dieses Urteil zeigt einmal mehr, dass bei der Nutzung von Affiliate Marketingnetzwerken äußerste Vorsicht bei den vertraglichen Regelungen gelten sollten.

Onlineshops sollten darauf achten, bestimmte Werbemaßnahmen aktiv auszuschließen, um nicht, so wie in dem hiesigen Fall, dann für unzulässige Werbeaussendungen auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden.

Über den Autor

RA Rolf Albrecht

Rolf Albrecht ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Informationstechnologierecht in der Kanzlei volke2.0. Rechtsanwalt Albrecht schreibt regelmäßig als Gastautor Beiträge für den Shopbetreiber-Blog.

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