JustitiaDas Anhängen an Angebote auf der amazon ist mit rechtlichen Fallstricken verbunden. Oft bieten einzelne Händler unter Eigen- bzw. Handelsmarken Waren an. Wenn sich dann andere Händler an diese Angebote anhängen, und dann nicht die Waren tatsächlich ausliefern, die unter der Eigenmarke bzw. Handelsmarke angeboten werden, ist dies sowohl eine Verletzung von Markenrechten als auch eine wettbewerbsrechtliche Irreführung. Gleiches gilt, wenn ein Händler bei Amazon unterhalb der Artikelüberschrift eine Firmenkurzbezeichnung einfügt, entschied das OLG Hamm.

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Im Fall des OLG Hamm (Urteil vom 5. März 2013, Az.: 4 U 139/12) hatte ein Händler über Amazon unter einem Firmenschlagwort E-Zigaretten angeboten.

Der Händler verfügt zwar über eine entsprechende Markenregistrierung, die identisch mit dem Firmenschlagwort war, jedoch war diese für das entsprechende Produkt nicht geschützt.

Unabhängig davon erfolgte eine Abmahnung gegen einen weiteren Händler, der sich an dieses Angebot “herangehangen” hatte, sowohl auf Basis der bestehenden Marke als auch auf Basis des Unternehmenskennzeichens.

Zugleich wurde eine wettbewerbsrechtliche Irreführung geltend gemacht.

Der abgemahnte Onlinehändler gab nur eine auf die Markenverletzung basierende Unterlassungserklärung ab.

In dem nunmehr zu entscheidenden Verfahren wurden weitergehende Ansprüche aus dem Firmenschlagwort sowie hinsichtlich der entstandenen Kosten für die Abmahnung.

OLG Hamm: Verwendung des Firmenschlagwortes

Das OLG Hamm sah hier in der Verwendung des Firmenschlagwortes zu Gunsten des Abmahnenden eine Verletzung des bestehenden Kennzeichenrechts an diesem Firmenschlagwort.

An einer solchem Firmenschlagwort kann bei einer umfassenden Nutzung unabhängig von der Firma des Unternehmens oder einer eingetragenen Marke ein Schutzrecht entstehen:

„Dem aus der vollständigen Firmenbezeichnung B1 GmbH & Co. KG abgeleiteten Firmenbestandteil „B1“ kommt ursprünglich namensmäßige Kennzeichnungskraft zu. Er ist seiner Art nach im Vergleich zu den übrigen der Rechtsform der Klägerin geschuldeten Firmenbestandteilen geeignet, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen – und die diesbezüglichen Erwägungen des landgerichtlichen Urteils stellt die Beklagte auch gar nicht in Frage.

Soweit auch der Schutz des schlagwortfähigen Firmenbestandteils als Unternehmenskennzeichen nach § 5 Abs. 2 MarkenG von der Benutzung im geschäftlichen Verkehr abhängt, leitet sich dieser aus der namensmäßigen Benutzungsaufnahme der Gesamtbezeichnung….Hierfür genügt jede Art der nach außen gerichteten geschäftlichen Tätigkeit im Inland, mithin schon die Eintragung der Klägerin im Handelsregister Anfang des Jahres 2010 und im weiteren die durch die Anlagen K1, K3 und auch K4 belegte Geschäftstätigkeit der Klägerin unter ihrer Firmenbezeichnung.“

Durch die Verwendung eines solchen geschützten Kennzeichens unterhalb der Artikelüberschrift nach dem  Wort „von“ bei Onlineverkaufsangeboten auf Amazon liegt eine Verletzung der Rechte des Kennzeicheninhabers vor:

„Mit der Verwendung der Bezeichnung „B1“ in der Warenüberschrift – und allein hierauf und nicht den nachfolgenden Angebotstext kommt es an – des streitgegenständlichen Angebots von E-Zigaretten auf der Internetplattform B verwirklicht die Beklagte den Verletzungstatbestand des § 15 Abs. 2 MarkenG.

Durch die Verwendung einer mit dem kennzeichnungskäftigen Firmenschlagwort der Klägerin identischen Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr wird, zumal bei der hier vorliegenden Branchenidentität die maßgebliche Verwechslungsgefahr begründet.

Dem steht nicht entgegen, dass § 15 Abs. 2 MarkenG einen kennzeichenmäßigen Gebrauch voraussetzt, während die in Rede stehende Verwendung mit dem nachgestellten ® zweifellos eine vorwiegend markenmäßige ist. Denn firmenmäßige und markenmäßige Benutzung gehen infolge der allen Kennzeichenrechten gemeinsamen Herkunftsfunktion ineinander über. „B1“ kennzeichnet die angebotene Ware und ebenso das Unternehmen, aus dem sie stammt.

Etwas anderes könnte nur gelten, wenn durch besondere Umstände ausgeschlossen ist, dass der Durchschnittsverbraucher in der verwendeten Form der Geschäftsbezeichnung (auch) einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Ware oder Dienstleistung sieht oder umgekehrt. Gerade dies ist hier nicht der Fall.

Denn schon in der Artikelbezeichnung des in Rede stehenden Internetauftritts heißt es „von B1“. Dementsprechend tritt die Beklagte aus Sicht des angesprochenen Verbrauchers lediglich als Verkäuferin und Versenderin des vermeintlichen „B1“-Produktes in Erscheinung…“

OLG Hamm: „Heranhängen“ an Verkaufsangebot unter Firmenschlagwort unzulässig

Dies gilt immer dann, wenn kein Einverständnis des Rechteinhabers vorliegt und insbesondere nicht mit dem Firmenschlagwort gekennzeichnete Ware entgegen dem Angebot nicht geliefert wird.

„Die Benutzung des Firmenschlagworts „B1“ durch die Beklagte erfolgte ohne Zustimmung der Klägerin und damit unbefugt i.S.d. § 15 Abs. 2 MarkenG.

Eine Einwilligung der Klägerin mit der Nutzung des Firmenschlagworts ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin keineswegs aus § 13 Abs. 1 der von der Beklagten als Anlage B3 zum Schriftsatz vom 09.05.2012 in Kopie zu den Akten gereichten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Internetplattform B. Denn diese sind insoweit nicht einschlägig.

Sie gelten gemäß § 1 Abs. 1 der Bedingungen für die Geschäftsbeziehung zwischen B und dem Besteller. Eine Einwilligung lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass der Klägerin die Geschäftsbedingungen der Firma B, wonach sich Dritte an die bereits dort eingestellten gleichen Produkte „anhängen“ können und sogar müssen, bekannt waren.

Hierauf könnte sich die Beklagte als Dritte nur dann berufen, wenn die Klägerin der Firma B hiermit die Benutzung ihres Firmenschlagwortes gestattet hätte.“

OLG Hamm: Händler ist für sein Handeln voll verantwortlich

Auch der Argumentation des abgemahnten Onlinehändlers, hier keine Verantwortlichkeit für die bestehende Rechtsverletzung zu tragen, folgte das OLG Hamm nicht.

Das Gericht sieht den Betreiber der Plattform als so genannten Beauftragten des Onlinehändlers an, so dass jegliches Verhalten der Plattform dem Onlinehändler zuzurechnen ist:

„Die Beklagte muss sich die Verletzung des klägerischen Unternehmenskennzeichens durch die vom Betreiber der Internetplattform B hinzugefügte Artikelbezeichnung des klägerischen Angebots entsprechend § 14 Abs. 7 MarkenG zurechnen lassen (§ 15 Abs. 6 MarkenG).

Für eine Haftung i.S.d. § 14 Abs. 7 UWG genügt nämlich prinzipiell das Handeln von Mitarbeitern oder Beauftragten eines von der Beklagten beauftragten Unternehmens.

Die Haftung rechtfertigt sich in einem solchen Falle daraus, dass der in Anspruch Genommene durch den Einsatz von Mitarbeitern und Beauftragten seinen Geschäftskreis erweitert und damit zugleich das Risiko von Zuwiderhandlungen innerhalb seines Unternehmens schafft.

Beauftragter ist, wer, ohne Mitarbeiter zu sein, für den Unternehmensinhaber kraft Absprache tätig wird. Der Begriff ist weit auszulegen.

Der Beauftragte muss in die betriebliche Organisation des Betriebsinhabers in der Weise eingegliedert sein, dass einerseits der Betriebsinhaber auf das beauftragte Unternehmen einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf diejenige Tätigkeit des beauftragten Unternehmens hat, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt, und dass andererseits der Erfolg der Geschäftstätigkeit des beauftragten Unternehmens dem Betriebsinhaber zu Gute kommt.

Deshalb ist es unerheblich, wie die Beteiligten ihre Rechtsbeziehung ausgestaltet haben. Trotz des Kriteriums „Eingliederung“ können damit auch selbständige Unternehmer Beauftragte sein. Dabei kommt es nicht darauf an, welchen Einfluss der Inhaber des Unternehmens sich auf diese tatsächlich gesichert hat, sondern welchen Einfluss er sich hätte sichern können und müssen.

Entsprechend diesen Grundsätzen ist die Firma B unter den gegebenen Umständen grundsätzlich als Beauftragter der Beklagten anzusehen. Der Erfolg der Geschäftstätigkeit der Firma B kommt der Beklagten unmittelbar zugute. Je öfter Internet-Nutzer über deren Internetportal zu den Angeboten der Beklagten gelangen, desto größer ist die Chance, dass sie deren Produkte erwerben. Die Beklage erweitert damit ihre Verkaufsmöglichkeiten in ganz erheblichen Umfang.

Die Beklagte verfügte auch prinzipiell über einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf ihren Vertragspartner. Zwar scheint die Einflussmöglichkeit der Beklagten auf die Tätigkeit der Firma B in Anbetracht der standardisierten Verträge mit dieser in einem gleichsam automatisierten Anmeldeverfahren im Internet verschwindend gering zu sein.

Die Beklagte kann sich jedoch nicht darauf zurückziehen, dass die Geschäftspolitik der Firma B keine tatsächliche Einflussmöglichkeit hinsichtlich der Gestaltung des Angebots, mit dem sie sich an ein bestehendes Angebot „anhängt“, zulässt.

Denn hierauf kommt es nicht an.

Maßgeblich ist nämlich nicht, welchen Einfluss sich der Betriebsinhaber gesichert hat, sondern welchen Einfluss er sich sichern konnte und musste.

Das heißt, die Beklagte könnte sich einer Haftung selbst dann nicht entziehen, wenn sie sich sämtlicher unmittelbarer vertraglicher Einflussnahmemöglichkeiten auf ihren Vertragspartner begeben hätte.

Tatsächlich standen der Beklagten jedoch im Falle einer vertragswidrigen, da markenrechtsverletzenden Tätigkeit durchaus rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung. Denn sie hätte jedenfalls das Produkt aus dem Katalog der Internetplattform entfernen können, wenn es dort nur unter Verletzung des Unternehmenskennzeichens der Klägerin eingestellt werden konnte.“

Fazit

Dieses Urteil zeigt, dass bei allen Angeboten über diverse Internetverkaufsplattformen und insbesondere bei Angeboten, die über Amazon angeboten werden, bei dem „Heranhängen“ an bestehende Angebote äußerste Vorsicht für den sich heranhängenden Onlinehändler gelten muss.

Immer dann, wenn er unterhalb der Artikelüberschrift entweder ein Firmenschlagwort oder eine geschützte Marke genutzt wird, dürfen nur die Produkte angeboten werden, die er tatsächlich auch unter dem Firmenschlagwort bzw. der Marke angeboten werden.

Ist dies nicht der Fall, wird zum Beispiel No-Name-Ware geliefert oder Ware einer anderen Produktbezeichnung, ist das Vorgehen sowohl kennzeichenrechtlich als auch wettbewerbsrechtlich nach bestehender Rechtsprechung unzulässig.

In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass das Oberlandesgericht Hamm in der oben genannten Entscheidung einer Streitwert von 50.000,00 EUR als angemessen erachtet hat, so dass durchaus Abmahnungen drohen, die neben einem umfangreichen Unterlassungs- und ggf. ergänzenden Auskunftsansprüchen auch mit Kosten verbunden sind, die alleine für die Abmahnung schon 1.531,90 EUR netto betragen können.

Über den Autor

RA Rolf Albrecht

Rolf Albrecht ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Informationstechnologierecht in der Kanzlei volke2.0. Rechtsanwalt Albrecht schreibt regelmäßig als Gastautor Beiträge für den Shopbetreiber-Blog.

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