BGHWird ein Unternehmen wegen eines Wettbewerbsverstoßes abgemahnt, verlangt der Abmahner zusätzlich oft noch eine Unterlassungserklärung von den Geschäftsführern persönlich. Der BGH hat nun die wettbewerbsrechtliche, persönliche Haftung von Geschäftsführern gelockert.

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Was war passiert?

In einem Verfahren zwischen zwei Unternehmern war unter anderem der alleinige Geschäftsführer des beklagten Unternehmens auch persönlich wegen Wettbewerbsrechtsverstößen in Anspruch genommen worden.

Bereits die Vorinstanz des KG Berlin hatte eine Haftung des Geschäftsführers abgelehnt (Urteil vom 13. November 2012, Az.: 5 U 30/12).

Auch der BGH (Urt.v. 18.6.2014, I ZR 242/12) sah keine persönliche Haftung des Geschäftsführers für ein wettbewerbswidriges Verhalten der Gesellschaft.

Die Besonderheit dieser Entscheidung ist, dass der BGH grundsätzlich neue Kriterien für die Haftung eines Geschäftsführers in persönlicher Form für unzulässige geschäftliche Handlungen und damit Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht aufgestellt hatte.

BGH bekräftigt: Eigene Handlungen begründen Haftung

Der Bundesgerichtshof bekräftigt in seiner Entscheidung nochmals, dass der Geschäftsführer, wenn er persönlich eine Rechtsverletzung begangen hat oder in Auftrag gegeben hat, für wettbewerbsrechtliches Fehlverhalten auch für Unterlassungsansprüche einzustehen hat.

Im Streitfall ist diese Darlegung jedoch bereits äußerst schwierig, da sich bereits die Frage stellt, wer entsprechende Handlungen darlegen und beweisen muss.

Dies muss eigentlich grundsätzlich der abmahnende Wettbewerber tun.

Eine grundsätzliche Verpflichtung des abgemahnten Geschäftsführers, bereits aktiv darzulegen und zu beweisen, dass er eine Handlung selbst nicht begangen oder in Auftrag gegeben hat, ist nicht ersichtlich.

Lockerung der Haftung

Der BGH entfernt sich grundsätzlich von bestehender Rechtsprechung und gibt diese ausdrücklich auf, dass bereits dann eine Verantwortlichkeit des Geschäftsführers vorliegt, wenn dieser Kenntnis von einer unzulässigen geschäftliche Handlung hatte und es unterlassen hat, eine Verhinderung dieser Handlungen vorzunehmen.

Der BGH begründet eine ausdrücklich nur dann, wenn und soweit eine so genannte Garantenstellung des beklagten Geschäftsführers vorliegt.

Eine solche Garantenstellung kann sich nach geltendem Recht entweder aus vorausgehenden gefährdendem Tun, Gesetz, Vertrag oder der Inanspruchnahme von Vertrauen ergeben und zusätzlich muss diese Pflicht auch gegenüber Dritten bestehen.

Eine solche Garantenstellung ergibt sich insbesondere explizit nach den Worten des Bundesgerichtshofes nicht daraus, dass der Geschäftsführer einfache Kenntnis von unzulässigen geschäftlichen Handlungen hat.

Dazu das Gericht wie folgt:

„Die schlichte Kenntnis des Geschäftsführers von Wettbewerbsverletzungen scheidet als haftungsbegründender Umstand aus. Erforderlich ist vielmehr grundsätzlich, dass der Wettbewerbsverstoß auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist.

So liegt es etwa bei der rechtsverletzenden Benutzung einer bestimmten Firmierung und dem allgemeinen Werbeauftritt eines Unternehmens, über die typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden wird.

Dementsprechend hat der Senat ohne weiteres eine Haftung der vertretungsberechtigten Organe einer juristischen Person für das allgemeine Konzept einer Kundenwerbung eines Unternehmens, für den Inhalt einer Presseerklärung eines Unternehmens, in der der Geschäftsführer selbst zu Wort kam … und für den allgemeinen Internetauftritt des Unternehmers … bejaht…

Erlangt der Geschäftsführer lediglich Kenntnis davon, dass bei der unter seiner Leitung stehenden Geschäftstätigkeit Wettbewerbsverstöße begangen werden oder ihre Begehung bevorsteht, trifft ihn persönlich regelmäßig auch keine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht im Verhältnis zu außenstehenden Dritten, eine (weitere) Verletzung durch das Wettbewerbsrecht geschützter Interessen von Marktteilnehmern zu verhindern.“

Damit verneint das Gericht jedoch eine Haftung bei bestehender Kenntnis, da hier keine Verantwortlichkeit des Geschäftsführers besteht, entsprechende Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht gegenüber Dritten zu verhindern.

Eine solche Verpflichtung besteht für den Geschäftsführer ggf. gegenüber dem Unternehmen, für das er tätig ist.

Eine Verpflichtung, eine entsprechende unzulässige geschäftliche Handlung jedoch zu Gunsten von Dritten (z.B. Verbraucher, Unternehmen oder sonstigen Marktteilnehmern) zu verhindern, sieht das Gericht nicht.

Jedoch begründet der Bundesgerichtshof dann eine ggf. vorliegende Verantwortlichkeit, wenn der Geschäftsführer sich jeglicher Möglichkeit entzieht, möglicherweise Kenntnis von unzulässigen geschäftlichen Handlungen zu erhalten.

Hier führt das Gericht insbesondere den Fall auf, dass sich ein Geschäftsführer dauerhaft im Ausland aufhält.

Auslagerung von Werbungen auf Dritte

Auch die Auslagerung von Werbemaßnahmen und der Vertrieb von Waren und Dienstleistungen auf Drittunternehmen bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass automatisch damit eine persönliche Haftung des Geschäftsführers verbunden ist.

Auch hier müssen besondere Umstände dazu treten, um eine Haftung begründen zu können.

Dazu das Gericht wie folgt:

„Die gegenteilige Ansicht der Revision hätte zur Folge, dass mit jeder Beauftragung eines Subunternehmers die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht verbunden wäre, für die Einhaltung der Wettbewerbsvorschriften durch die Mitarbeiter der Subunternehmer zu sorgen.

Das kann aber schon deshalb nicht angenommen werden, weil die Auslagerung von Tätigkeiten auf andere Unternehmen eine wettbewerbsrechtlich grundsätzlich unbedenkliche Unternehmensentscheidung ist, die nicht per se als Gefahrenquelle für Wettbewerbsverstöße angesehen werden kann.

Dass der Beklagte zu 2 Unternehmen mit der Durchführung der Vertriebstätigkeit beauftragt hat, bei denen er von vornherein mit Wettbewerbsverstößen hätte rechnen müssen, ist weder festgestellt noch vorgetragen worden.“

Fazit und Praxistipp

Diese grundlegende Entscheidung des BGH regelt die rechtliche Verantwortlichkeit und die persönliche Haftung von Geschäftsführern im Wettbewerbsrecht neu.

Die bisher teilweise übliche Praxis, einen Geschäftsführer persönlich in Anspruch zu nehmen, dürfte aufgrund der aktuellen Rechtsprechungsänderung so pauschal nicht mehr möglich sein.

Das abmahnende Unternehmen müsste im Einzelfall darlegen und beweisen, dass hier ein Fehlverhalten entweder durch aktives Tun vorliegt oder aber ein Handeln durch Unterlassen seitens des abgemahnten Geschäftsführers vorliegt.

Dies ist im Einzelfall äußerst schwierig zu bewerten und insbesondere stellt sich die Frage, welche Beweise im Einzelfall vorgelegt werden müssen, damit der Geschäftsführer eines abgemahnten Unternehmers in Anspruch genommen werden kann. Auf die Haftung des Unternehmens selbst hat diese Entscheidung aber keinen Einfluss.

Über den Autor

RA Rolf Albrecht

Rolf Albrecht ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Informationstechnologierecht in der Kanzlei volke2.0. Rechtsanwalt Albrecht schreibt regelmäßig als Gastautor Beiträge für den Shopbetreiber-Blog.

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