KundenbewertungEin Händler verklagte einen Kunden auf Schadenersatz wegen einer negativen Bewertung. Der Händler drohte dem Kunden, woraufhin sein amazon-Konto eingefroren wurde. Er scheiterte mit dieser Klage vor Gericht bereits aus prozessualen Gründen. Das Urteil liegt nun im Volltext vor und gerne möchten wir über die Hintergründe des Falls berichten.

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Der Kunde kaufte am 28.06.2013 ein Insektenschutzfenster zur Selbstmontage bei amazon für 22,51 Euro von dem Kläger. Am 02.07.2013 meldete sich der Kunde telefonisch beim Händler und teilte ihm mit, dass er Probleme bei der Aufstellung des Insektenschutzfensters habe. Grund hierfür sei eine fehlerhafte Montageanleitung.

Der sog. “Fliegengitter-Fall” sorgte bundesweit für Aufsehen. Am 30. Juli 2014 wurde das Urteil verkündet, jetzt liegt die Entscheidung des LG Augsburg v. 30.7.2014, Az: 021 O 4589/13 im Volltext vor.

Der Kunde erhielt sein Geld letztlich von amazon erstattet.

Als Reaktion auf seine schlechte Erfahrung verfasst der Kunde folgende Produktbewertung:

„Die Lieferung erfolgte schnell! Das war das positive. In der Anleitung steht ganz klar Mann muss den Innenrahmen messen das ist falsch! Damit wird das ganze zu kurz! Die Ware selber macht guten Stabilen Eindruck, Der Verkäufer nie wieder!”

Darüber hinaus verfasste er noch folgende Verkäuferbewertung:

„In der Anleitung steht ganz klar Mann muss den Innenrahmen messen das ist falsch! Damit wird das ganze zu kurz! Ich habe beim Verkäufer angerufen, Fazit: Er will sich dazu lieber nicht äußern, alleine das ist eine Frechheit. Danach unzählige sinnlose Emails! Amazon hat mir als Stammkunde mein Geld erstattet!”

Die Drohung des Händlers

Der Händler forderte den Kunden noch am gleichen Tag auf, diese Bewertung innerhalb von einer Stunde zu löschen. Für den Fall, dass der Kunde dem nicht nachkomme, drohte der Händler mit einer Anzeige.

Daraufhin wurde der Händler von amazon abgemahnt. Außerdem wurde ihm mitgeteilt, dass sein Händler-Konto suspendiert sei, da er die Teilnahmebedingungen von Amazon verletzt habe.

Der Prozess

Der Händler forderte nun Schadenersatz vom Kunden.

Er verlangte einen Gewinnausfallschaden in Höhe von 34.000 Euro sowie weitere 4.000 Euro.

Da sein Amazon-Konto und das darauf befindliche Guthaben eingefroren waren, musste der Händler einen Überziehungskredit bei seiner Hausbank aufnehmen, was zu einer Zinsbelastung von 487,50 Euro geführt habe. Diese Summe klagte er ebenfalls ein.

Außerdem noch vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 775,64 Euro.

Insgesamt klagte der Händler also eine Summe i.H.v. 39263,14 Euro ein. Zusätzlich hieß es dann noch im Klageantrag, dass der Kunde dazu verurteilt werden soll, dem Händler “allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aufgrund der falschen Tatsachenbehauptung und damit in Verbindung stehenden negativen Äußerungen über den Kläger” noch entstehen wird.

Der Kläger behauptete, die Montageanleitung sei richtig gewesen.

“Der Kläger behauptet weiter, der Beklagte habe in dem Garantieantrag gegenüber Amazon wahrheitswidrig angegeben, der Verkäufer (der Kläger) habe auf die Beschwerden des Beklagten hin nicht reagiert.”

Da es sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung handelte, trage der Beklagte die Beweislast für die angebliche Richtigkeit der Behauptung, meinte der Kläger.

Der beklagte Kunde beantragte, die Klage abzuweisen.

“Darüber hinaus behauptet der Beklagte, die Montageanleitung für das Insektenschutzfenster sei inhaltlich falsch, er sei von dem Kläger nur hingehalten und vertröstet worden, habe sich deswegen an Amazon gewandt und es sei ihm von dort – ohne dass er einen eigenen Garantieantrag gestellt hätte – der Kaufpreis rückerstattet worden.

Neben seiner negativen Bewertung im Internet gebe es weitere negative Bewertungen zu diesem Produkt und dem Verkäufer.

Die Sperrung des klägerischen Kontos durch Amazon sei nicht wegen der negativen Bewertung durch den Beklagten erfolgt, sondern wegen der Androhung einer Anzeige gegen den Beklagten durch den Kläger.”

Die Gründe für die Klageabweisung

Der Händler scheiterte mit seiner Klage.

Der Händler scheiterte mit seiner Geltendmachung des Schadenersatzanspruches, weil er keinen Beweis vorgelegt hat, der die Unwahrheit nachgewiesen hätte.

“Im Rahmen des § 823 BGB hat der Kläger den objektiven Tatbestand einer Rechtsgutverletzung nachzuweisen. Im Rahmen des § 824 BGB hat der Kläger die Unwahrheit der behaupteten bzw. verbreiteten Tatsachen zu beweisen.

Dies bedeutet für den hier gegebenen Rechtsstreit, dass der Kläger die Beweislast dafür trägt, dass die Behauptungen des Beklagten, die dieser in das Bewertungsportal bei Amazon eingestellt hat, unzutreffend sind.

Der Kläger hat daher grundsätzlich den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Montageanleitung für das Insektenschutzfenster nicht fehlerhaft, sondern inhaltlich richtig ist.”

Der Händler hatte diesen Nachweis nicht erbracht. Er hatte zwar ein Beweisangebot gemacht, dies kam aber zu spät, so das Gericht weiter.

Zunächst hatte der Händler in die Klageschrift die Montageanleitung selbst als Beweisangebot aufgenommen. Dies hielt das Gericht aber – mit sehr deutlichen Worten – für ein ungeeignetes Beweismittel:

“Eine bloße Inaugenscheinnahme der Montageanleitung oder Lektüre ihres Inhalts kann keinen sicheren Nachweis dafür erbringen, dass diese Montageanleitung inhaltlich richtig ist.

Das Gericht geht auch nicht davon aus, dass das Beweisangebot der Montageanleitung als Anregung zu einer wie auch immer durchzuführenden Bastelstunde vor Gericht zu verstehen ist.

Auch dies wäre jedenfalls eine untaugliche Beweisanregung.”

Ein weiteres Beweisangebot, nämlich die Einholung eines Sachverständigengutachtens, machte der Kläger zu spät:

“Die mit Schriftsatz der Klagepartei vom 09.07.2014 vorsorglich beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens ist verspätet (§ 296 Abs. 1 ZPO).

Bereits in der Klageerwiderung vom 29.01.2014 wurde die Fehlerhaftigkeit der Montageanleitung ausführlich gerügt. Der Klagepartei wurde mit Verfügung durch das Gericht vom 31.01.2014 unter Belehrung gemäß §§ 277 Abs. 4, 296 Abs. 1 ZPO eine Frist zur Stellungnahme auf die Klageerwiderung gesetzt.

Dennoch wurde nicht einmal bis zum und im Haupttermin am 25.06.2014 die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch die Klagepartei beantragt. Dies erfolgte erst mit Schriftsatz der Klagepartei vom 09.07.2014, ohne dass insoweit der Klagepartei eine neue Frist zur Beibringung bzw. Beantragung von Beweismitteln eröffnet worden wäre.

Der Rechtsstreit ist daher mit Abschluss des Haupttermins am 25.06.2014 entscheidungsreif. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens würde nunmehr zu einer erheblichen Verfahrensverzögerung führen.”

Da es hier schon am Nachweis der Unwahrheit der Behauptung scheiterte, musste sich das Gericht mit den restlichen Tatbestandsvoraussetzungen gar nicht erst beschäftigen.

Aber selbst wenn dem Händler hier der Nachweis gelungen wäre, dass die Behauptung unwahr gewesen ist, hätte er noch sowohl die Schadenshöhe nachweisen müssen als auch den Zusammenhang zwischen der Bewertung und dem Schadenseintritt.

Das bedeutet, der Händler hätte hier nachweisen müssen, dass ihm nur aufgrund dieser Bewertung der geltend gemachte finanzielle Schaden entstanden ist. Hier hätte das Gericht dann wohl auch berücksichtigt, dass der Händler mit seiner Drohung gegenüber dem Kunden ganz allein gegen die amazon-Teilnahmebedingungen verstoßen hat und deswegen von amazon (und nicht vom Kunden) das Konto gesperrt wurde.

Durch die Drohung ist der Händler letztlich allein für den entstandenen Schaden verantwortlich, zumindest aber in einem weit überwiegenden Maße.

Fazit

Wer – wie der Händler im vorliegenden Fall – auf Kundenbeschwerden oder -anfragen nicht reagiert, erhält schnell eine negative Bewertung. Der Kunde hätte hier zuvor noch nicht einmal beim Händler anfragen müssen. Hat man als Händler eine negative Bewertung erhalten, kommt es entscheidend darauf an, wie man damit umgeht: Man kann sich beim Kunden für das schlechte Kauferlebnis entschuldigen und sich den Fall noch einmal genauer ansehen – oder man kann seinen Kunden verklagen. Welches der bessere Weg ist, kommt immer auf den Einzelfall, wie z.B. den Inhalt der Bewertung an.

Man sollte dabei aber beachten, dass Meinungsäußerungen in sehr weitem Maß zulässig sind. Die Unzulässigkeit ist erst erreicht, wenn es sich um eine Schmähkritik oder Beleidigung handelt. Und selbstverständlich dürfen keine unwahren Tatsachen verbreitet werden. Die Unwahrheit muss man aber als Händler nachweisen. (mr)

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