Angefangen hat es mit Wein, dann kam das Bier und jetzt also auch der Sekt: Die Werbung für all diese Produkte darf nicht mehr das Wort “bekömmlich” enthalten. Hintergrund ist die Health-Claims-Verordnung, nach der alkoholische Getränke nicht mit Worten beworben werden dürfen, die den Eindruck machten, als wäre das Produkt gesundheitsförderlich.

Ein Händler warb in einem Prospekt für seinen Sekt mit folgender Beschreibung:

“Hochwertiger Weingutsekt zeichnet sich durch Persönlichkeit, Geschmack und Bekömmlichkeit aus. Hergestellt aus hochwertigen deutschen Grundweinen aus den Weinbergen der Familie Menger-Krug, qualitativ mit Champagner vergleichbar.”

Ein Wettbewerbsverein sah diese Beschreibung als wettbewerbswidrig an und mahnte den Händler deswegen ab.

Das LG Frankfurt (Oder) (Urt. v. 27.8.2015, 31 O 35/15) teilte die Auffassung des Wettbewerbsvereins und verurteilte den Händler zur Unterlassung.

Verstoß gegen Health-Claims-Verordnung

Hintergrund des Rechtsstreites ist die Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel, oder kurz “Health-Claims-Verordnung”.

Gemäß deren Art. 4 Abs. 3 dürfen Getränke mit einem Alkoholgehalt von über 1,2 Volumenprozent keine gesundheitsbezogenen Angaben tragen.

Da Sekt über 1,2 Volumenprozent hat, fällt er also in den Anwendungsbereich des Verbotes.

Das Verbot greife auch für Aussagen in der Werbung, entschied das Gericht, und nicht nur dann, wenn der Begriff z.B. unmittelbar auf dem Etikett stehen würde.

Bekömmlichkeit ist gesundheitsbezogen

Der Begriff “Bekömmlichkeit” sei auch ein gesundheitsbezogener Begriff, so das Gericht weiter.

“Gesundheitsbezogene Angaben sind nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCV unter anderem solche, mit denen zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel einerseits und der Gesundheit andererseits besteht.”

Zunächst erinnert das Gericht dann an die Grundsatzentscheidung des EuGH:

“Wie der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 6.9.2012 (C-544/10) entschieden hat, enthält die Bezeichnung eines Weins als “bekömmlich” wegen eines damit geltend gemachten Zusammenhangs zwischen dem Wein und der Gesundheit der Verbraucher dann eine gesundheitsbezogene Angabe, wenn das Attribut “bekömmlich” im Zusammenhang erfolgt mit dem Hinweis auf eine “sanfte Säure”.

Insoweit weist die Beklagte allerdings zu Recht darauf, dass damit nicht entschieden ist, wie die hier gewählte isolierte Bezeichnung “bekömmlich” zu bewerten ist.”

Das Gericht entschied dennoch gegen die Beklagte. Der EuGH hatte entschieden, dass bei der “Bekömmlichkeit” nicht mehr zwischen einem gesundheitsbezogenem Wohlbefinden und einem allgemeinen Wohlbefinden unterschieden werde. Der Begriff des “Zusammenhangs” zwischen einem Lebensmittel und der Gesundheit, wie ihn Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCV fordert, sei vielmehr weit zu verstehen.

Es reiche daher schon aus, wenn der Werbeaussage entnommen werden könne, dass das beworbene Produkt die Gesundheit weniger belaste als andere vergleichbare Produkte – und dies auch im Falle eines hohen Konsums.

“Bedenkt man den Fall, dass ein Verbraucher von einem Sekt größere Mengen konsumiert, erscheint die Angabe der Bekömmlichkeit durchaus geeignet zu suggerieren, das beworbene Produkt könne z.B. das Verdauungssystem, welches mit der “Bekömmlichkeit” gezielt angesprochen wird, in vergleichsweise gutem Zustand halten, während für andere, ähnliche Produkte unterstellt wird, dass sie bei gleichem Verzehr nachhaltige, negative Auswirkungen auf das Verdauungssystem und folglich auf die Gesundheit haben werden.

Dies geht über eine Angabe zum allgemeinen Wohlbefinden deutlich hinaus, auch wenn die Aussage nicht im Zusammenhang mit einem Hinweis auf “sanfte Säure” oder andere, die Bekömmlichkeit begründende Eigenschaften gebraucht wird.”

Dass das Wort “bekömmlich” in dem Fall in einen allgemeinen Werbetext eingebettet war, machte für das Gericht keinen Unterschied.

Fazit

Der Handel mit Lebensmitteln wird nicht nur durch die vielen Informationspflichten aus der Lebensmittel-Informationspflichten-Verordnung erschwert. Hinzu kommt, dass gerade beim Verkauf von alkoholischen Getränken, bisher gängige Bezeichnungen wie eben die “Bekömmlichkeit” eines Weines oder von Sekt oder Bier verboten sind, da die Health-Claims-Verordnung Lebensmittel-Händlern strenge Vorgaben macht. Gerade Lebensmittel-Händler sollten nicht nur die allgemeinen Texte ihres Shops, sondern insbesondere auch die Produktseiten und Werbeaussagen auf rechtliche Fehler untersuchen (lassen). (mr)

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