shop-tippEs gibt online etliche Produkte, die sowohl für Verbraucher als auch für Geschäftskunden von Interesse sind. Aber kann ein B2C-Onlinehändler einfach aus dem Stand beide Kundengruppen bedienen? Nein, ein paar Dinge gilt es schon zu beachten. Tim Hahn, Geschäftsführer der netz98 new media GmbH, erklärt die wichtigsten Punkte.

Abgesehen von einigen gesetzlichen Verpflichtungen, die ein Shopbetreiber zwingend erfüllen muss, will er rechts- und abmahnsicher in den B2B-Commerce starten, gibt es keine generell gültigen Regelungen, Anforderungen oder Vorgehensweisen. Die Strategie hängt vollständig vom Sortiment und dem Geschäftsmodell ab, bzw. von den Unterschieden, die man zwischen den Kundengruppen machen möchte. Wie in so vielen Fällen, muss man also auch hier mit dem berüchtigten „Es kommt darauf an!“ leben.

Recht und Gesetz

Rechtlich ist der Händler gefordert, seinen Informationspflichten im Fernabsatz gegenüber Verbrauchern nachzukommen, ihm also unter anderem AGB und Widerrufsbelehrung „deutlich“ zur Verfügung zu stellen, und deutlich zu machen, dass für Geschäftskunden andere AGB gelten – zumindest wenn er diesen nicht die gleichen Rechte wie den Verbrauchern einräumen will. Darüber hinaus ist der Shopbetreiber nur noch verpflichtet – wenn er nicht strikt zwischen dem B2B- und B2C-Bereich trennt – seine Produkte mit dem Bruttopreis zu kennzeichnen, inkl. des Hinweises, dass der angegebene Preis die Mehrwertsteuer enthält.

Die richtige Struktur

Über diese Kernverpflichtungen hinaus gibt es noch eine Grauzone, die eine deutliche Trennung der Bereiche B2B und B2C oft ratsam erscheinen lässt, aber eben nicht zwingend vorschreibt. Unterschiedliche Datenschutzanforderungen können hier ein Motiv sein. Das heißt aber, ein B2B-Angebot muss nicht vom B2C-Bereich getrennt sein. Beim Verkauf von Druck-Erzeugnissen wie Flyern oder Standard Bürobedarfsartikeln gibt es hinsichtlich der Produkte und Bezahlverfahren keine nennenswerten Unterschiede zwischen B2B- und B2C-Kunden. Lediglich bei der Rechnungsstellung gibt es Abweichungen. Im Shop muss eben nur kenntlich gemacht werden, dass auch an Gewerbekunden verkauft wird.

Je größer allerdings die Abweichungen im Angebot, in den Anforderungen zur Sicherheit und dem Datenschutz sowie der Adressierung, umso sinnvoller wird eine Trennung. Hier gibt es unterschiedlichste Möglichkeiten: Erstens ein eigenes Kundenprofil für den B2B-Kunden, geschützt durch einen separaten Login. Der Zugang muss an den Nachweis eines Gewerbes gekoppelt sein. Zum Beispiel über den Gewerbeschein oder die Prüfung der Umsatzsteuer-ID. Für das B2B-Kundenprofil lassen sich dann bestimmte Regeln definieren, etwa für die Darstellung von Preisen und Versandkosten (im B2B müssen letztere nicht für jeden Artikel einzeln schon bei der Auswahl ausgewiesen sein, sondern erst im Warenkorb) oder die Gewährung von Rabatten. Je nach E-Commerce-Technologie ist es so auch möglich, dem Kunden nur spezielle B2B-Produkte anzuzeigen. Ist das aber gewünscht, bietet sich schon Möglichkeit Zwei an: ein eigener B2B-Shop auf der gleichen Installation wie der B2C-Shop. In einer solchen Multistore-Umgebung lassen sich im Backend nicht nur Sortiments- und Kundenbereiche sauber trennen und verwalten, sondern auch das Frontenddesign sowie der Content sinnvoll an das B2B-Segment anpassen. Die B2B-Zielgruppe ist also wesentlich besser adressierbar. Auch hier ist es wichtig: Der Händler muss sicherstellen, dass im B2B-Shop ausschließlich Gewerbetreibende bestellen können.

Sind die Anforderungen noch komplexer und unterscheiden sich B2B- und B2C-Shop hinsichtlich Funktionalität, angebundener Services und Drittsysteme sowie der Backendprozesse deutlich voneinander, wird wahrscheinlich eine vollständige Trennung mit zwei Installationen sinnvoll sein. In der Regel lassen sich aber alle Anforderungen auch in einer Installation abbilden, selbst eigene Nummernkreise oder anders strukturierte Artikelnummern für die B2B-Produkte. Machbar ist alles, letztlich zählen also nur wirtschaftliche Erwägungen.

Kosten und Erfolgsmessung

Daraus ergibt sich auch, dass keine generellen Aussagen über die Kosten einer B2B-Strategie möglich sind. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Allerdings muss sich der Händler im Klaren sein, dass es einige Zeit dauern kann, bis sich der B2B-Shop trägt. Die Zielgruppe ist meist kleiner und schwerer zu erreichen, Kaufentscheidungen benötigen Zeit, die Beschaffung erfolgt häufig in festen Intervallen (monatlich, quartalsweise), das Gesamtbestellaufkommen ist geringer. Auch bringt ein duales Angebot nicht per se positive Skaleneffekte oder Dichtevorteile. Das heißt, dass Händler im B2B häufig einen längeren Atem brauchen, bis sich Erfolge einstellen. Was die Erfolgsmessung betrifft, so gibt es allerdings keine gewaltigen Unterschiede zwischen den Bereichen B2B und B2C. Einzig die Anzahl und Qualität der Leads sowie der persönliche Kontakt können im People Business B2B als wichtige Kenngrößen hervorstechen.

Vermarktung

Womit man bei Vermarktungsstrategien angekommen ist. Die unterscheiden sich im B2B – auch wieder in Abhängigkeit von Sortiment und Geschäftsmodell – oft deutlich vom Verbrauchergeschäft. Längere Investitionszyklen, kompliziertere Entscheidungsfindung (keine Impulskäufe) sowie eine intensivere Betreuung im After-Sales sind zu erwarten. Bietet ein Onlinehändler unterschiedliche Sortimente für B2C und B2B an, ist die Trennung in zwei Shops daher auch aus Vermarktungssicht häufig sinnvoll. Im B2B mehr noch als im B2C ist Google die erste Adresse, wenn es um die Suche nach neuen Anbietern oder Produkten geht. Durch die bewusste, aktive Recherche ist die Customer Journey zudem weniger zufallsabhängig und umfasst weniger Touchpoints. Allerdings sind die Suchstrategien und vor allem die Suchbegriffe diversifizierter. Dementsprechend wichtig sind SEO- und SEA-Maßnahmen für den B2B-Vertrieb, die sich ohne explizite B2B-Seiten aber kaum erfolgreich realisieren lassen. Das betrifft sowohl explizite URL als auch einen sauber strukturierten und explizit für den B2B-Bereich markierten Quellcode. Im Gegensatz zu Verbrauchern suchen B2B-Einkäufer Produkte auch schon mal über den EAN-Code. Content in Fachmedien und Branchenportalen, aber auch rechtskonformes Retargeting runden das Bild ab. Hinzu kommt, dass trotz aller Emotionalisierungstrends in der Kundenansprache und trotz der privaten Shoppingerfahrungen der Geschäftskunden das Business-to-Business eben ein ganz eigenes Business ist. Hier sind häufig mehrere Personen am Einkauf beteiligt, für die Informationstiefe, Kontaktmöglichkeiten, individuelle Konditionen sowie stabile und reproduzierbare Prozesse wichtiger sind als eine hübsche Verpackung. Für eine stabile Beziehung zum Kunden ist dessen Vertrauen in den reibungslosen, komfortablen Ablauf der Geschäftsprozesse des Anbieters und dessen Erreichbarkeit eine ganz entscheidende Größe. Das trifft vielleicht noch nicht bei Flyern zu, aber sehr wohl beim Kauf von zehn Druckern für eine regionale Handelskette.

Service und Support

Service und Support sind im B2B daher oft ein Teil des After-Sales und einer kundenorientierten Dialogstrategie. Wie in allen B2B-Bereichen zahlen auch hier Professionalität, Qualität und Verlässlichkeit besonders auf die Kundenbeziehung ein. So unschön es auch klingt, in der Praxis ist es so, dass es B2C-Onlinehändler eher verschmerzen können, einen einzelnen Kunden durch mangelhaften Service zu verlieren. Sowohl der finanzielle Verlust als auch der Imageschaden sind in der Regel marginal. Nimmt man nochmals das Beispiel der regionalen Handelskette mit ihren zehn Druckern, wird aber schnell klar, dass der B2B-Markt anders tickt. Zum einen bedeuten die zehn Drucker ein großes Umsatzpotenzial bei Verbrauchsmaterialien, das man sicher nicht verschenken will. Zum anderen hängt die Bewertung, ob komplementäre Produkte und Services des Anbieters attraktiv sind, jetzt nur noch vom tatsächlichen Einkäufer und der IT des Kunden ab. Entstehen hier unangenehme Aufwände, die auch noch der Geschäftsführung gemeldet werden müssen, ist man als Druckeranbieter schnell weg vom Fenster. Ein persönlicher Ansprechpartner im Service, der zumindest in regulären Geschäftszeiten gut zu erreichen ist, und auch Vertriebserfahrung hat, ist daher im B2B Gold wert.

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