Vor kurzer Zeit berichteten wir von einer Entscheidung des LG Berlin, nach der es keinen Wettbewerbsverstoß darstellt, wenn man den Facebook Like-Button in seine Seite eingebaut hat, aber nicht die geforderten Datenschutzhinweise erteilt. Diese Entscheidung wurde nun vom Kammergericht bestätigt.

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Das LG Berlin (Beschluss v. 14.03.2011, 91 O 25/11) sah keinen Wettbewerbsverstoß in der Verletzung einer datenschutzrechtlichen Informationspflicht zur Datenübertragung. Dieser Einschätzung folgte das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 29.04.2011, Az. 5 W 88/11).

Das Gericht hatte sich gerade nicht damit zu beschäftigen, ob die Einbindung des Buttons an sich einen Wettbewerbsverstoß darstellt. Es ging ausschließlich um die fehlende Information zur Datenübertragung an Facebook gemäß § 13 Abs. 1 TMG.

Dem Antragsteller wollte dem Gegner vom Gericht untersagen lassen,

“im geschäftlichen Verkehr im Internet den Verkauf von Sterntaufen anzubieten und dabei das Facebook-Plug-in “Gefällt mir” auf seiner Webseite zu verwenden, ohne die Benutzer dieser Webseite zugleich ausdrücklich auf die damit verbundene Datenübertragung an Facebook zu informieren…”

Verstoß gegen Datenschutzvorschriften

Zunächst entschied das Gericht, dass Einiges dafür spräche, dass der Antragsgegner gegen § 13 Abs. 1 TMG verstoßen hatte.

Nach dieser Vorschrift muss man den Nutzer über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten sowie über die Verarbeitung dieser Daten außerhalb der EU unterrichten. Obwohl der Antragsgegner den Like-Button einsetzte, enthielt seine Datenschutzerklärung (und auch sonst seine Website) keinen entsprechenden Hinweis.

Das Gericht stellte fest, dass personenbezogene Daten an Facebook (in den USA) übermittelt werden.

IP-Adressen als personenbezogene Daten

Über die Funktionen des Buttons werden auch IP-Adressen übertragen. Das Gericht beantwortet auch die Frage, inwieweit diese Daten personenbezogen sind:

“In statischen und dynamischen IP-Adressen sind zumindest dann personenbezogene Daten zu sehen, wenn man die Bestimmbarkeit der Person hinter der IP-Adresse ausschließlich nach objektiven Kriterien beurteilt, also die theoretische Möglichkeit ausreichen lässt, einen Personenbezug – gegebenenfalls mit Hilfe eines Dritten – herzustellen.

Entsprechendes gilt, wenn man die Beurteilung nach relativen Kriterien vornimmt, d.h. danach, ob die datenverarbeitende Stelle nach ihren Verhältnissen, d.h. mit den ihr normalerweise zur Verfügung stehenden Mitteln und ohne unverhältnismäßigen Aufwand, die Möglichkeit hat, den Personenbezug herzustellen und hier zugunsten der Antragstellerin annimmt, dass jedenfalls Facebook diese Möglichkeit unschwer hat.”

Keine Marktverhaltensnorm

Das KG entschied, das einiges dafür spreche, dass die fehlende Information einen Verstoß gegen Datenschutznormen darstelle. Wettbewerbsrechtlich wäre dieser Verstoß aber nur dann zu beanstanden, wenn es sich um eine sog. Marktverhaltensnorm i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG handelt würde:

“Als Marktverhalten ist jede Tätigkeit auf dem Markt zu sehen, durch die ein Unternehmer auf die Mitbewerber, Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer einwirkt. Dazu gehören nicht nur das Angebot und die Nachfrage von Waren und Dienstleistungen, sondern auch die Werbung und der Abschluss und die Durchführung von Verträgen.”

Datenerhebung betrifft nicht den Marktauftritt

Das Gericht entschied weiter, dass die Erhebung und Weiterleitung der Daten keinen unmittelbaren Einfluss auf den Webauftritt des Antragsgegners hätte:

“Das Erfassen personenbezogener Daten der Facebookmitglieder, die die Webseite des Antragsgegners besuchen, und die Weiterleitung der Daten an Facebook sowie die an diese Vorgänge anknüpfende Informationspflicht des § 13 Abs. 1 TMG betreffen den Marktauftritt des Antragsgegners jedenfalls nicht unmittelbar.”

Und weiter:

“In diesem Sinne betrifft ein Verstoß gegen § 13 Abs. 1 TMG ein Verhalten, das dem Marktverhalten vorausgegangen ist und nur dann als Marktverhaltensvorschrift im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG anzusehen ist, wenn ihm eine zumindest sekundäre wettbewerbsbezogene Schutzfunktion innewohnt.”

Eine solche Schutzpflicht konnte das Kammergericht dem § 13 Abs. 1 TMG aber nicht entnehmen.

Ziel dieser Vorschrift sei es vielmehr:

“eine verlässliche Grundlage für die Gewährleistung des Datenschutzes im Bereich der Telexdienste zu bieten und einen Ausgleich zwischen dem Wunsch nach freiem Wettbewerb, berechtigten Nutzerbedürfnissen und öffentlichen Ordnungsinteressen zu schaffen.”

Gesetzesbegründung spricht für Wettbewerbsbezug

Die Richter zitieren also selbst, dass die Datenschutzvorschriften aus dem TMG auch den freien Wettbewerb im Blick haben. Das Gericht führt weiter aus:

“Für die Beurteilung, ob ein Verstoß im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG vorliegt, ist es unerheblich, ob sich ein Unternehmer durch die Missachtung einer derart auf den Datenschutz bezogenen Informationspflicht einen Vorsprung im Wettbewerb verschafft.”

BGH-Urteil zum Steuerrecht

Als Beleg zieht das Gericht eine BGH-Entscheidung heran, die sich ausschließlich mit der Frage beschäftigte, ob ein Verstoß gegen Steuervorschriften einen Wettbewerbsverstoß darstelle. Das KG überträgt diese Entscheidung aber ohne Weiteres auch auf Datenschutznormen, was allerdings nicht so einfach möglich ist.

Der BGH verneinte in diesem Urteil einen Wettbewerbsbezug, weil die betreffenden steuerrechtlichen Vorschriften nur dazu dienten, das Verhältnis zwischen Bürger und Staat zu regeln.

Facebook-Mitglieder wünschen Datenweitergabe

Anschließend beschäftigt sich das Gericht mit einer möglichen “mutmaßlichen Einwilligung” der Datenweitergabe.

“Facebookmitglieder, die während ihres Besuchs auf der Webseite des Antragsgegners bei Facebook angemeldet sind, geben dem auf der Seite des Antragsgegners installierten Programm Wunsch und Bereitschaft zu erkennen, dass Facebook ihnen den “richtigen sozialen Kontext bzw. das richtige soziale Umfeld”, d.h. Nachrichten und Empfehlungen von “Freunden” anzeigt. Das Wettbewerbsrecht will die Privatsphäre jedoch nur vor unzumutbaren Belästigungen durch geschäftliche Handlungen schützen, insbesondere vor Werbung, obwohl erkennbar ist, dass der angesprochene Marktteilnehmer diese Werbung nicht wünscht.

Für Facebookmitglieder, die während ihres Besuchs auf der Webseite des Antragsgegners bei Facebook angemeldet sind, den “Gefällt-mir-Button” betätigen und infolgedessen weitere Werbung des Antragsgegners erhalten, gelten die obigen Ausführen erst recht.”

Hier wechselt das Gericht zum einen das Thema vom “Fehlen der datenschutzrechtlichen Information” hin zur “Werbung bei Betätigung des Buttons” und zum anderen bleibt der Aspekt, dass auch Personen betroffen sind, die keinen Facebook-Account haben, völlig unbeachtet. Dies lag wohl daran, dass der Antragsteller auf diesen Fakt gar nicht eingegangen war.

Generalklausel des UWG

Anschließend äußert sich das Gericht noch zu einem Verstoß gegen § 3 Abs. 1 UWG, der Generalklausel. Ohne nähere Prüfung, wird ein solcher verneint.

Fazit

Das Urteil ist von dem Standpunkt aus, dass eine Abmahnung keinen Erfolg hatte, natürlich sehr erfreulich.

Aber wie schon die Entscheidung des LG Berlin in erster Instanz sehr kritisch betrachtet wurde, muss auch die Entscheidung des KG kritisch gesehen werden.

Vielleicht mag man einen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG noch ablehnen können, auch wenn überzeugende Argumente hierfür schwer zu finden sind. Das Kammergericht hat hier (ohne sich mit der ergangenen Rechtsprechung auseinanderzusetzen) einen Verstoß abgelehnt. Eine gesicherte Rechtsprechung liegt damit aber noch nicht vor.

Einen Verstoß gegen § 3 UWG sollte man jedoch ausführlicher prüfen und nicht wie das Gericht mit zwei Sätzen ablehnen.

§ 3 Abs. 1 UWG verbietet unlautere geschäftliche Handlungen, die dazu geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Gemäß § 3 Abs. 2 UWG sind geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern insbesondere dann unlauter, wenn sie gegen die fachliche Sorgfalt verstoßen und dazu geeignet sind, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte.

Die Voraussetzungen sind also ganz andere als die für § 4 Nr. 11 UWG. Eine “geschäftliche Handlung” erfasst nämlich, anders als das nach Auffassung des Kammergerichts bei einer Marktverhaltensnorm sein mag, auch Handlungen, die vor einem Geschäftsabschluss stattfinden.

Unterlassungsansprüche der einzelnen Nutzer

Wie gesagt, es ist erfreulich, dass hier eine Abmahnung zurückgewiesen wurde. Das bedeutet aber nicht, dass die fehlende Information nicht mehr abgemahnt werden kann. Im vorliegenden Fall ging es um eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung.

Abmahnungen von einzelnen Nutzern wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes sind aber möglich.

Und diese Abmahnungen und daraus folgende Urteile nehmen in letzter Zeit massiv zu. So sind – bis auf wenige Ausnahmen – alle Urteile zu unzulässiger e-Mail-Werbung von Empfängern einer solcher e-Mail “ausgelöst” worden und nicht von Mitbewerbern.

Ein Aufatmen nach dieser Entscheidung ist also verfrüht. Völlig ungeklärt ist darüber hinaus außerdem, ob der Einsatz des Buttons an sich wettbewerbsrechtlich zu beanstanden ist. Die Frage, ob evtl. eine ausdrückliche Einwilligung in die Datenübertragung in die USA erforderlich ist, ist noch unbeantwortet.

Bußgelder und Abmahnungen

Wer die Informationspflicht über den Einsatz des Like-Buttons nicht vorhält, geht das (theoretische) Risiko von Bußgeldbescheiden durch die Datenschutzbehörden ein und das wesentlich höhere Risiko, wegen Verstoßes gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Seitenbesucher abgemahnt zu werden.

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