Double-Opt-InAbmahnungen wegen unverlangt zugesandter Werbung per E-Mail nehmen gerade in letzter Zeit zu. Das Besondere bei diesen Abmahnungen ist, dass diese nicht von Mitbewerbern stammen, sondern von den Empfängern dieser Werbung selbst. Das AG Berlin Pankow/Weißensee sah auch die Bestätigung der Eröffnung eines Kundenkontos als eine solche Werbung an.

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Das AG Pankow/Weißensee (Urt. v. 16.12.2014, 101 C 1005/14) musste sich mit der Frage beschäftigen, ob eine E-Mail, mit der die Eröffnung eines Kundenkontos bestätigt wurde, Werbung darstelle und somit nur bei Vorliegen einer Einwilligung verschickt werden darf.

Kurz: Das Gericht hat diese Frage mit “ja” beantwortet.

Was war passiert?

Am 4. August 2014 erhielt der Geschäftsführer eines Unternehmens an seine geschäftlich genutzte Mailadresse eine E-Mail eines Online-Shops, in welcher ihm bestätigt wurde, dass nun ein Kundenkonto für ihn angelegt wurde.

Aufgrund dieser Mail erhielt der Online-Shop eine Abmahnung. Der Online-Shop übersandte daraufhin eine Unterlassungserklärung, allerdings war diese auf eine E-Mail-Adresse des Empfängers der Mail beschränkt.

Dies reichte dem Kläger allerdings nicht. Er wollte vielmehr erreichen, dass die Unterlassungserklärung nicht auf eine einzelne Mail-Adresse beschränkt ist, sondern für alle seine Mail-Adressen gilt.

Die beantragte einstweilige Verfügung erließ das AG Berlin zunächst nicht. Dagegen legte der Kläger Beschwerde ein. Das LG Berlin erließ die begehrte einstweilige Verfügung daraufhin.

Gegen diese Verfügung legte der Online-Shop wiederum Beschwerde ein, sodass sich das AG Berlin Pankow/Weißensee erneut mit der Sache beschäftigen musste.

Bestätigungs-Mail war Werbung

Das Gericht bestätigte die einstweilige Verfügung und wies den Widerspruch des beklagten Online-Händlers zurück.

“Ohne Einverständnis des Empfängers an dessen geschäftlich genutzte E-Mail-Adresse übersandte Werbung stellt einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar, dessen Unterlassung der von der Werbung betroffene Gewerbetreibende der vorbezeichneten Vorschriften verlangen kann, weil derartige E-Mail-Werbung regelmäßig den Betriebsablauf des Gewerbetreibenden beeinträchtigt und ihn nötigt, Arbeitsaufwand für das Sichten und Aussortieren solcher E-Mails aufzuwenden.

Bei der hin interessierenden E-Mail hat es sich um Werbung gehandelt, zu welcher der Verfügungskläger sein Einverständnis nicht erteilt hat.”

Inhalt der E-Mail

Die Mail hatte folgenden Inhalt:

“Hallo XYZ
schön, dass du dich bei ONLINESHOP registriert hast.
Dein Kundenkonto ist nun angelegt und du kannst ab sofort alle damit verbundenen Vorteile nutzen. Unter ,Mein ONLINESHOP’ bekommst du eine Übersicht über deine persönlichen Angaben, wie Passwort, Kontaktdaten, Liefer- und Rechnungsadressen.

Was kannst Du nun auf ONLINESHOP machen, jetzt, wo du registriert bist?
– Einsicht in den Status deiner Bestellungen
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Anders als man teilweise in Berichten zu diesem Urteil lesen kann, ging es nicht um eine Bestätigungs-Mail im Rahmen des Double-Opt-In-Verfahrens. Das steht sogar explizit im Urteil drin!

“Ob zumindest der Versand einer E-Mail-Anfrage im Rahmen des Double-Opt-In-Verfahrens zulässig wäre, kann hier dahinstehen, da es sich bei der hi interessierenden E-Mail erkennbar nicht um eine solche gehandelt hat.” [Hervorhebung durch Martin Rätze, shopbetreiber-blog.de]

Das Gericht definierte zunächst Werbung:

“Werbung ist jede Äußerung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufes mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Inanspruchnahme von Dienst- bzw. Werkleistung des Werbenden zu fördern. Für die Beantwortung der Frage, ob eine bestimmte E-Mail Werbung in diesem Sinne darstett oder nicht, kommt es nach Auffassung des erkennenden Gerichts in erster Linie darauf an, wie sich die betreffende E-Mail aus Sicht des Empfängers darstellen muss. Und hier ist entscheidend nicht allein der Inhalt der E-Mail, sondern auch der Kontext, in welchem der Empfänger diese erhalten hat.”

Danach kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Bestätigungs-Mail zur Eröffnung eines Kundenkontos um Werbung handelt.

“Vor diesem Hintergrund gilt für den hier zu beurteilenden Sachverhalt folgendes:

Die streitgegenständliche E-Mail beschränkte sich im wesentlichen auf die Information, dass für den Verfügungskläger bei der Verfügungsbeklagten ein Kundenkonto eingerichtet sei.

Ob eine solche Information Werbung darstellt oder nicht, hängt davon ab, ob der Empfänger dieser Information tatsächlich die Einrichtung des Kundenkontos veranlasst hat. Hat er dies, stellt die Information hierüber für sich genommen noch keine Werbung dar.

Hat er dies hingegen nicht, muss sich eine E-Mail wie die streitgegenständliche aus seiner Sicht als – sogar besonders aufdringliche – Absatzförderungsmaßnahme darstellen und ist damit Werbung.”

Der Verfügungskläger hat in dem Verfahren mittels eidesstattlicher Versicherung glaubhaft gemacht, dass er kein Kundenkonto bei der Verfügungsbeklagten eröffnet hat. Die Verfügungsbeklagte hat dagegen eidesstattlich versichert, dass unter der betreffenden Mail-Adresse ein Kundenkonto eingerichtet wurde. Diese eidesstattliche Versicherung der Verfügungsbeklagten genügte dem Gericht jedoch nicht als Nachweis.

“Der Verfügungskläger hat glaubhaft gemacht, die Einrichtung eines Kundenkontos bei der Verfügungsbeklagten nicht veranlasst zu und zu keiner Zeit der Übersendung von werbenden E-Mails der Verfügungsbeklagten zugestimmt zu haben. […]

Die eidesstattliche Versicherung der Geschäftsführerin der Verfügungsbeklagten steht dem auch dann nicht entgegen, wenn man ihren Inhalt als wahr unterstellt.

Denn dann verbleibt immer noch die Möglichkeit, dass die E-Mail-Adresse des Verfügungsklägers von Dritten missbraucht worden ist, so dass durch die eidesstattliche Versicherung der Geschäftsführerin der Verfügungsbeklagten nicht glaubhaft gemacht ist, dass es gerade der Verfügungskläger gewesen war, der sich am 4. August 2014 um 10:24:28 Uhr bei der Verfügungsbeklagten registriert hat.”

Problem: Nachweis der Registrierung

Das Problem im zu entscheidenden Fall war also, dass es der Beklagten nicht gelungen ist, zweifelsfrei nachzuweisen, dass sich tatsächlich der Kläger registriert hat. Möglich – und in der Rechtsprechung anerkannt – wäre dies durch ein Double-Opt-In-Verfahren gewesen.

Dieses ist bei der Newsletter-Registrierung heute bereits Standard. Das Urteil zeigt, dass es auch bei der Eröffnung eines Kundenkontos eingesetzt werden sollte. Legt also ein Interessent ein Kundenkonto in einem Online-Shop an, sollte anschließend eine Bestätigungs-Mail verschickt werden, wobei ein Kundenkonto erst angelegt wird, wenn der Empfänger dieser Mail den Bestätigungslink geklickt hat.

Diese Mail muss inhaltlich völlig werbefrei sein. Möglich wäre ein Inhalt wie:

“Sehr geehrter XYZ,

zu Ihrer E-Mail-Adresse wurde soeben eine Registrierung für ein Kundenkonto in unserem Shop vorgenommen. Wenn diese Registrierung von Ihnen vorgenommen worden ist, klicken Sie bitte diesen Bestätigungslink: LINK

Erst dann wird ein Kundenkonto für Sie eröffnet. Sollten Sie dies nicht veranlasst haben, wurde Ihre E-Mail-Adresse womöglich für diese Zwecke missbraucht. In diesem Fall brauchen Sie nichts tun, da ohne die Bestätigung des Links kein Kundenkonto zu Ihrer Mail-Adresse angelegt wird.”

oder Ähnliches.

Alle E-Mail-Adressen erfasst

Das AG Berlin folgt weiter der überwiegenden Rechtsprechung, dass von einem Unterlassungsanspruch wegen unzulässiger Werbung per Mail alle E-Mail-Adressen des Empfängers erfasst sind und nicht nur die eine Adresse, an die die streitauslösende Mail erfolgte.

“Es ist der Verfügungsbeklagten zuzumuten, den Versand von der Absatzförderung dienenden E-Mails auf solche Adressaten zu beschränken, die hierzu ihr ausdrückliches Einverständnis erteilt haben.

Dazu benötigt sie nicht die Kenntnis aller E-Mail-Adressen des Verfügungsklägers.”

Es ging nicht um Double-Opt-In!

Noch einmal möchte ich betonen, dass die Entscheidung sich nicht mit der Frage beschäftigt hat, ob die Bestätigungsmail im Rahmen des Double-Opt-In Verfahrens bereits Werbung darstellt. Diese Frage hat das Gericht explizit offengelassen, weil es sich bei der Mail, um dies in diesem Verfahren ging, offensichtlich nicht um eine solche Mail handelte.

Fazit

Bevor man E-Mails mit werblichem Inhalt verschickt, muss man die ausdrückliche Einwilligung des Empfängers einholen. Aus Beweisgründen sollte dies immer im Rahmen des Double-Opt-In Verfahrens erfolgen. Zwar meinte das OLG München in einem Einzelfall, dass auch die DOI-Bestätigungsmail Werbung sei, das OLG Celle widersprach dieser Auffassung zuletzt, davor sah auch das OLG Frankfurt die Auffassung aus München mehr als kritisch. Das AG Berlin hatte sich im vorliegenden Fall mit dieser Frage nicht zu beschäftigen. Bis der BGH hier eine Klärung zur Frage der DOI-Bestätigungsmail herbeigeführt hat, vertrete zumindest ich die Auffassung, dass diese keine Werbung darstellt, wenn sie völlig neutral und ohne jeglichen werblichen Inhalt gestaltet ist. (mr)

Update: Die Rechtsprechung zur Werbung per E-Mail

Da das Thema “Werbung per E-Mail” Online-Händler immer wieder vor Herausforderungen stellt, möchte ich das Urteil des AG Berlin nutzen, um noch einmal die wesentlichen Grundlagen für das E-Mail-Marketing zusammenfassen und dabei teilweise schon ältere Rechtsprechung in Erinnerung rufen.

In dem Artikel “Rechtliche Stolpersteine bei der Newsletter-Werbung” werden die ganz wesentlichen Basics zum Newsletter-Marketing beschrieben. Darin geht es um den Grundsatz der Einwilligung, die Unterschiede zw. Opt-In, Confirmed-Opt-In und Double-Opt-In sowie um die Konsequenzen, die bei Verstößen drohen.

Aber was zählt eigentlich alles zum Begriff der “Werbung”? Die Antwort auf diese Frage ist wichtig, damit Händler einschätzen können, wann eine Mail nur mit ausdrücklicher Einwilligung an den Empfänger verschickt werden darf. Die Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung definiert den Begriff Werbung – wie das AG Berlin in seinem Urteil ebenfalls festgestellt hat – als jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistung zu fördern.

Die Gerichte haben zum Begriff der Werbung schon mehrere Entscheidungen gefällt:

Grundsätzlich muss dem Online-Händler also eine Einwilligung des Empfängers vorliegen, wenn er Werbung per Mail verschicken möchte. Hier lauern aber schon die nächsten Gefahren. Wie holt man eine solche Einwilligung ein? Kann diese einfach in die AGB oder die Datenschutzerklärung aufgenommen werden? Wie muss diese genau formuliert sein? Darf man eine Einwilligung mit der Zustimmung zu den AGB verknüpfen? Haben erteilte Einwilligungen eine Art Mindesthaltbarkeit? Auch diese Fragen wurden bereits von den Gerichten beantwortet, worüber wir ebenfalls schon berichtet haben. Hier noch einmal die einschlägigen Beiträge im Überblick:

Vom Grundsatz der Einwilligung gibt es aber eine Ausnahme. Diese wird oft unzulässig verkürzt mit dem Wort “Bestandskundenausnahme”. Viele Unternehmer sind der Auffassung, dass sie an Bestandskunden Werbung per Mail schicken dürfen, auch wenn keine Einwilligung vorliegt. Das ist so nicht richtig. Denn damit die Ausnahme greift, müssen insgesamt vier Voraussetzungen erfüllt sein. Gemäß § 7 Abs. 3 UWG darf Werbung per E-Mail ohne Vorliegen einer ausdrücklichen Einwilligung verschickt werden, wenn

“1. ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,

2. der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,

3. der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und

4. der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.”

Alle vier Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Das KG Berlin und das OLG Jena haben sich schon mit der Frage beschäftigt, wann Voraussetzung Nummer 2 erfüllt ist – wann es sich also um eigene ähnliche Waren handelt:

Und zum Abschluss – wobei das selbstverständlich sein sollte: Meldet sich ein Newsletter-Empfänger vom Newsletter wieder ab – rechtlich gesehen widerruft er seine Einwilligung – muss dies natürlich beachtet werden und die entsprechende Mail-Adresse muss sofort aus dem Verteiler entfernt werden. Hier darf es auch kein “Double-Opt-Out” geben.

Verschickt man als Unternehmer doch einmal Werbung per Mail, ohne dass die Einwilligung des Empfängers vorlag, stehen dem Empfänger Unterlassungsansprüche zu. Diese beziehen sich nach der herrschenden Rechtsprechung nicht nur auf die eine Mail-Adresse, an die die Werbe-Mail ging, sondern auf sämtliche Mail-Adressen des Empfängers.

Das LG Berlin führte in einer ähnlichen Entscheidung dazu in der Begründung aus:

“Dem ist lediglich hinzuzufügen, dass für die Antragsgegener so zwar ein erheblich höheres Risiko eines Verstoßes besteht, was aber nur dann zum Tragen kommt, wenn sie weiterhin unzulässigerweise unerbetene E-Mail-Werbung versenden, sich also weiterhin rechtswidrig verhalten.”

Es gibt also, das zeigt diese Auflistung, eine ganze Reihe Rechtsprechung zum Thema E-Mail-Werbung.

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