anwaltJeder, der schon einmal abgemahnt wurde, kennt auch die sog. Unterlassungserklärung. Darin erklärt man, dass man einen bestimmten Geldbetrag für jeden zukünftigen Verstoß gegen diese Unterlassungserklärung zahlt. Aber gibt es auch eine Obergrenze für die zu zahlende Vertragsstrafe?

Lesen Sie hier die Antwort des BGH auf diese Frage.

 

Haben Sie grundlegende Fragen zum Thema Abmahnungen? Diese beantworten wir in unserem Beitrag Die Abmahnung – Fragen und Antworten rund um die Gefahr für Online-Händler

Geltendmachung der Vertragsstrafe

Vor dem BGH (Urt. v. 12.7.2008, I ZR 168/05) ging es um Händler von Kinderwärmekissen. Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der Inhaberin eines Geschmacksmusters. Diese hatte die Beklagte Anfang 2002 wegen Verletzung des Geschmacksmusters abgemahnt, worauf sich die Beklagte in der Unterlassungserklärung unter anderem verpflichtete:

“T. erklärt gegenüber E., es bei Meidung einer Vertragsstrafe in Höhe von DM 15.000 für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung, als insbesondere für jedes angebotene, verkaufte bzw. verbreitete Produkt, unter Verzicht auf die Einwände des Fortsetzungszusammenhangs und die der Initialtat zu unterlassen, Kinder-Wärmekissen herzustellen und/oder zu verbreiten […]

Hiervon ausgenommen sind noch vorhandene Restanten, die in einem Zeitraum vom 27. Dezember 2002 bis 27 März 2003 abverkauft werden dürfen.”

Abverkauf noch im September

Die Beklagte verkaufte aber noch 7.000 Stück der Wärmekissen im September 2002. Die Klägerin errechnete daraus, dass eine Vertragsstrafe in Höhe von rund 53 Mio. Euro verwirkt sei. Von dieser gesamten Summe wurde jedoch nur ein Teilbetrag von 1 Mio Euro eingeklagt.

LG Hamburg gibt der Klage statt

Das Landgericht Hamburg gab in erster Instanz der Klage statt und verurteilte die Beklagte entsprechend. Das OLG Hamburg als Berufungsgericht sah den Anspruch aber nicht als gegeben und hob das Urteil wieder auf.

Revision beim BGH

Gegen das Urteil des OLG wendet sich die Revision der Klägerin. Sie verfolgt weiterhin die Verurteilung der Beklagten. Das Berufungsgericht verneinte den Anspruch, da der Verkauf von Restanten vor Beginn der hierfür vereinbarten Frist nur die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht darstelle, die nicht den Vertragsstrafenanspruch auslöse.

Regeln der Auslegung

Dieser Ansicht folgt der BGH nicht. Das Berufungsgericht ging davon aus, dass die Unterlassungserklärung mehrdeutig sei. Der BGH stellte jedoch fest, dass der Wortlaut eindeutig sei:

“Nach dem Wortlaut des Vergleichsvertrages erfasste die Vertragsstrafenvereinbarung auch einen Verkauf von Restanten vor dem 27. Dezember 2002. Der Wortlaut der Vereinbarung ist insoweit eindeutig. […]

Die Auslegung des Berufungsgerichtes widerspricht zudem anerkannten Auslegungsgrundsätzen.”

Obergrenze

Im Ergebnis kommt der BGH dazu, dass die Vertragsstrafe verwirkt sei. Allerdings zieht das Gericht im vorliegenden Fall eine Obergrenze von 200.000 Euro. Zwar scheide eine Zusammenfassung mehrerer Verstöße zu einem aus, da die Formulierung in der Vertragsstrafenvereinbarung insoweit eindeutig sei, aber die Grundsätze von Treu und Glauben sprechen hier gegen eine Vertragsstrafe von über 53 Mio. Euro.

Außerordentliches Missverhältnis

Das Gericht entschied, dass eine Vertragsstrafe in Höhe von 53 Mio. Euro in einem solchen außerordentlichen Missverhältnis zur Bedeutung der Zuwiderhandlung stehe, dass ihre Durchsetzung gegen die Lehre von Treu und Glauben verstoße. Die Beklagte haben mit dem Verkauf der 7000 Wärmekissen ca. 48.000 Euro eingenommen. In Anbetracht aller Umstände sieht daher der BGH einen Betrag von über 200.000 Euro als unangemessen hoch an und begrenzte die Vertragsstrafe entsprechend.

LG Hamburg: Begrenzung auf 5.000 Euro unwirksam

Das LG Hamburg (Urt. v. 02.10.2009 – Az. 310 O 281/09) hatte in einem anderen Fall zu entscheiden, ob eine Begrenzung der Vertragsstrafe schon in der Unterlassungserklärung wirksam sei. Der Unterlassungsschuldner formulierte in der Unterlassungserklärung, dass bei einem Verstoß gegen die Erklärung das Amtsgericht die Höhe der Vertragsstrafe festsetzen solle. Damit begrenzte er die Höhe der Vertragsstrafe automatisch auf 5.000 Euro, da nur bis zu dieser Grenze das Amtsgericht sachlich zuständig ist.

Unterlassungserklärung reichte nicht aus

Mit dieser veränderten Unterlassungserklärung war der Abmahner aber nicht einverstanden und beantragte eine einstweilige Verfügung. Das Gericht bestätigte die Ansicht des Abmahners, dass eine solche Verpflichtung nicht ausreiche, weil er keine höhere Vertragsstrafe bei einem zukünftigen, besonders schwerwiegendem Verstoß hätte geltend machen können.

Fazit

Bei der Formulierung einer Unterlassungserklärung sollte man sich unbedingt anwaltlich beraten lassen. Zum einen kann die abgegebene Erklärung nicht geeignet sein, die Widerholungsgefahr auszuräumen, zum anderen aber können ungeahnte Folgen aus der Abgabe entstehen. (mr)

Lesen Sie hier mehr zum Thema “Folgen einer Abmahnung”:

image_pdfPDFimage_printDrucken